You are here

Anfang Juli wartete Salzburg gespannt auf die Sommerszene 2013, die erstmals von der neuen Intendantin Angela Glechner konzipiert wurde. Und wahrhaftig sollte das heurige Programm ein fulminantes Feuerwerk der (inter-)nationalen Tanz-, Theater und Performanceszene werden: Das diesjährige Motto lautete „You are here“; inspiriert von dem allgegenwärtigen touristischen Zeigefinger auf der Salzburger Stadtkarte lud Angela Glechner gemeinsam mit ihrem Team nicht nur das Salzburger Publikum und die KünstlerInnen zum Festival, sondern auch die Stadt und alle anderen Kunst- und Kulturinteressierten – unabhängig von künstlich gezogenen (Landes-)Grenzen. Die Ansicht der neuen Intendantin ist: „Kunst war immer schon das gelungenste Beispiel für ein globales Miteinander. […], ist doch das Markenzeichen dieser Disziplin (Anm. Tanz, Performance, Theater) seit jeher seine Internationalität“ (Angela Glechner zit. nach Resch 2013, o.S.).star (* 1 ) Demzufolge liegt ihr Interesse auf unterschiedlichen und vor allem neuen Formen von Produktionsstrukturen, da aktuelle Fördersituationen und andere ökonomische Umstände KünstlerInnen zu kreativen Lösungsansätzen hinsichtlich ihrer Zusammenarbeit zwingen – jenseits traditioneller Kompanie-Gefüge. Dieses Interesse spiegelte sich auch in dem so vielfältigen Programm wider: So war die Eröffnungsperformance zugleich auch eine Österreich-Premiere: Boris Charmatz, der als Ausnahmechoreograph bezeichnet wird (vgl. Sommerzene 2013),star (* 1 ) verwandelte die Bühne in seinem mehrfach ausgezeichneten Stück enfant in ein faszinierendes wie verstörendes Gefecht zwischen Erwachsenen und Kindern; zwischen Großen und Kleinen; zwischen Mächtigen und Schwachen, die schließlich ihre ihnen zustehende Autonomie gewinnen und als Sieger des Abends hervorgehen.

Ähnlich fesselnd, intensiv und auch politisch setzte sich das Festivalprogramm fort: Mette Ingvartsen kreierte in The Artificial Nature Project mit Abertausenden von silbernen Konfetti eine künstliche Landschaft, die von Menschen mit Laubgebläsemaschinen ständig neu konstruiert wurde und so eine bedrohliche Stimmung der Diskontinuität schuf – ein Stück, das sich mit der Zerstörung der Natur auseinandersetzte.

Nicht die Zerstörung sondern das eigene Werden brachte Nadja Hjorton in Radio Dance auf die Bühne. Die junge Schwedin präsentierte ihre Abschlussarbeit an der University of Dance and Circus in Stockholm, worin sie Normen und Begrifflichkeiten des Tanzes hinterfragt, mit ihrer Geschichte in Verbindung setzt und dabei sehr viel Feingefühl, Abwechslungsreichtum und vor allem Leichtigkeit bewies.

Wiederum auf humorvolle Art und Weise beschäftigte sich Ivana Müller mit sozialen Prozessen. Mit In Common spielten die PerformerInnen ein gemeinsames Miteinander, dessen Regeln gesellschaftliche Codes setzen – wer diese nicht erfüllen konnte, musste raus!

Neben zahlreichen Premieren und Gastspielen, die ortsunabhängig fungieren können, war es einigen KünstlerInnen ein Anliegen, den Raum Salzburg in ihre Stücke zu integrieren. So erarbeitete beispielsweise Martin Nachbar gemeinsam mit den Salzburger TänzerInnen von SEADs BODHI PROJECT eine Performance über unterschiedliche Ausprägungen des Gehens (On Foot. A Pedestrian Romance.) Willi Dorner eignete sich hingegen den urbanen Raum Salzburgs an, indem er menschliche Skulpturen bildete und wieder andere (Laia Fabre & Thomas Kasebacher, Die Rabtaldirndln, Michikazu Matsune) gestalteten Picknicks der anderen Art in, um und über Salzburg.

Während der zehn Festivaltage durfte jedoch auch die bildende Kunst nicht fehlen. So bemühte sich die Intendantin, Installationen und Interventionen in das Programm mit aufzunehmen (u.a. Ragnar Kjartansson, Barbara Musil, Andrea Maurer und Thomas Brandstätter).

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TWERK. © SZENE/ W. Kirchner

Im Finale des ausgesprochen facettenreichen Festivals wurde etwas gemacht, das Salzburg so noch nicht gesehen hatte – es wurde getwerkt! Das französisch-südamerikanische Ensemble Francois Chaignaud & Cecilia Bengolea verwandelte die Bühne – im Gegensatz zum Auftakt – in einen Club der Sonderklasse! Extase – Exzess – Erotik war das Motto von altered natives‘ Say Yes To Another Excess – TWERK.

Die BesucherInnen wurden in angeheizter Stimmung entlassen – in Vorfreude auf die Sommerszene 2014!

Der Dank, den Angela Glechner dem Publikum aussprach, „das sich mit großer Neugierde und Offenheit auf neue künstlerische Sichtweisen eingelassen hat“, (Angela Glechner zit. nach Klabacher 2013)star (* 2 ) kann nur zurückgegeben werden. Die neue Szene-Intendantin hat gemeinsam mit ihrem Team Salzburg für zehn Tage in eine Metropole der zeitgenössischen Tanz-, Theater- und Performancekunst verwandelt. (Vgl. Klabacher 2013)star (* 2 ) Danke!

 

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Sommerszene 2013: You are here. Programmheft.

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Klabacher, Heidemarie (2013): Wie in einer Metropole. Sommerszene/Abschluss, in: Drehpunkt Kultur, URL: http://www.drehpunktkultur.at/index.php?option=com_content&view=article&id=6036:wie-in-einer-metropole&catid=172:szene&Itemid=179 [aufgerufen am 24.8.2013].

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Resch, Natalie (2013): Kunst – das beste Beispiel für globales Miteinander. Interview/Sommerszene/Angela Glechner, in: Drehpunkt Kultur, URL: http://www.drehpunktkultur.at/index.php?option=com_content&view=article&id=6036:wie-in-einer-metropole&catid=172:szene&Itemid=179 [aufgerufen am 24.8.2013].

Julia Jung ( 2013): You are here. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 03 , https://www.p-art-icipate.net/you-are-here/