Ausstellungseröffnung, Künstlerfrühstück, KuratorInnenführung, LehrerInnenführung, Dialogführung, Subjektivführung, Backstageführung, Familienführung, Führung für die Freunde des Kunsthauses durch den Direktor, „Einfach gesagt“ – eine Kooperation mit der Volkshochschule Bregenz, Kinderkunst, Workshop „Emilys Buchstabensuppe“, ART CRASH für Jugendliche, KUB + Kaffee und so fort – bis hin zum experimentellen Poetry Slam reichen die zahlreichen Angebote zur Ausstellung „Well and Truly“ von Roni Horn im Kunsthaus Bregenz.
Was aus dieser beträchtlichen Liste ersichtlich wird: Es gibt nicht nur keine Kunst ohne Öffentlichkeit, sondern auch (nahezu) keine Ausstellung ohne ein entsprechendes Vermittlungsprogramm. Denn auch wenn sich Kunstausstellungen primär über visuelle und räumliche Kommunikationspraktiken vermitteln, sind diese heute für gewöhnlich zusätzlich mit einem entsprechenden textlichen und personalen Vermittlungsapparat ausgestattet. Diversifikation und Kooperation lauten dabei die entscheidenden Schlagworte, wenn es darum geht, viele unterschiedliche Publikumsschichten durch zielgruppengenaues Agieren und die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen zu erreichen. Mit der Ausdifferenzierung des adressierten Publikums in diverse Teilöffentlichkeiten entspricht dies programmatisch auch einem veränderten Öffentlichkeitskonzept. Hieß der Schlachtruf in den 1970er-Jahren noch „Kultur für alle“, richten sich die Angebote heute verstärkt an spezifische Gruppen unterschiedlichen Alters, Geschlechts, Interessens- und auch Bildungshintergrunds und forcieren eine „Kultur mit allen“. Nach ihrer Institutionalisierung ist die Kunstvermittlung, wie es scheint, nicht nur mitten in der Kunst, sondern auch mitten in der Gesellschaft angekommen.
Allen Etablierungstendenzen der Vermittlung zum Trotz stellt sich in der Praxis der Kunstausstellung nach wie vor die Frage: Wie viel Vermittlung braucht – beziehungsweise wie viel Vermittlung verträgt – die Kunst? Über den Status des Kunstwerks lassen sich hier zwei Ideale aufzeigen: zum einen die Kunstausstellung als ein weitgehend autonomes ästhetisches Medium mit für sich selbst sprechenden Objekten, zum anderen die Ausstellung als Bildungsmedium, die sich über die kontextuelle Verortung der (Kunst-)Objekte verständlich macht. Carol Duncan (2001: 4) (* 2 ) streicht in der institutionellen Verankerung die grundsätzliche Differenzierung zwischen einem „aesthetic museum“ und dem „educational model“ hervor. Innerhalb dieser Spannbreite finden sich in der aktuellen Kunstvermittlungspraxis fünf modellhafte Zugänge, die ich im Folgenden – nach der Darstellung der kommunikationstheoretischen Spezifik der Ausstellung – in einer Art Standortbestimmung zu charakterisieren suche.
Luise Reitstätter ( 2013): Verstehen Sie Kunst?. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 03 , https://www.p-art-icipate.net/verstehen-sie-kunst/