In Hinblick auf die zahlreichen Förderprogramme zu von KünstlerInnen durchgeführten schulischen und außerschulischen Vermittlungsprojekten mehren sich Forderungen und Bemühungen, diese wissenschaftlich zu begleiten. Nicht zuletzt aufgrund der Unterschiede zwischen den pädagogisch- und künstlerisch-forschenden Herangehensweisen mangelt es jedoch dafür an passenden Untersuchungsmethoden.*1 *(1) Als Problemlösungsansatz wird im vorliegenden Beitrag eine Kooperation der Forschungszugänge (Educational) Design-Based Research sowie Artistic Research angeregt. Einer Vor- und Gegenüberstellung beider Methodologien folgt die (Teil-)Darstellung des Forschungsprojektes Kunst- und Kulturvermittlung im Brennpunkt. Anhand dessen werden die Potenziale einer solchen Zusammenarbeit veranschaulicht, wobei der Fokus auf der konzeptionellen Gestaltung und v.a. Weiterentwicklung liegt, die zentrale Bestandteile des Forschungsprozesses bilden.
Design-Based Research
Der zuerst besprochene Forschungsansatz lässt sich auf die pädagogischen „design experiments“ zu Beginn der 1990er Jahre zurückverfolgen, wobei der Terminus Design-Based Research (DBR) vom Design-Based Research Collective im Jahre 2003 eingeführt wurde (Peters/Roviró 2017: 21) (*19). Inzwischen ist dieser Zugang innerhalb der Bildungswissenschaft – v.a. in den USA – stark verbreitet und anerkannt (vgl. Anderson/Shattuck 2012;
(*1) McKenney/Reeves 2013
(*13)). In Folge werden die zentralen Kennzeichen (Ziele, Charakterisierungsmerkmale, Verhältnisse zu anderen Methodologien) des DBR dargestellt, um davon ausgehend auf die – aus der künstlerischen Perspektive essentielle – Frage einzugehen, welche Rolle kreative Gestaltungsprozesse in der Methodologie spielen.
Zentrale Kennzeichen
Den wichtigsten Impuls für die Auseinandersetzung mit dem Design-Based Research-Ansatz im pädagogischen Diskurs im deutschsprachigen Raum setzte Gabi Reinmann in einer Fachpublikation im Jahre 2005. Dabei unterzog sie die Erziehungswissenschaft in Hinblick auf die Kompetenz, sich aktuellen Herausforderungen zu stellen, einer massiven Kritik und warf folgende Frage auf: „Gibt es keine Möglichkeiten, Lehr-Lernforschung zum Zwecke der Innovation zu betreiben (…)?“ (Reinmann 2005: 53). (*21) Als Antwort bzw. „Lösungsansatz“ (ebd.)
(*21) präsentierte sie Design-Based Research. Als dessen zentrales Kennzeichen stellte sie die Bemühung um nachhaltige Innovation dar und als das unmittelbarste Ziel die Bewältigung von Problemen in der Bildungspraxis sowie im Unterrichtsalltag (ebd.: 52, 60, 62).
(*21) Gleichzeitig betonte sie, dass damit eng verzahnt das Bestreben einhergeht, Theorien zu entwickeln, welche „die wissenschaftliche Erkenntnis zum Lernen und Lehren erhöhen“ (ebd.: 62).
(*21)
Diese unmittelbare Verknüpfung bzw. der wechselseitige Transfer von Erfahrungen und Erkenntnissen zwischen der pädagogischen Praxis und Theorie sowohl zum Zwecke der Verbesserung der Bildungsrealität als auch der Erweiterung wissenschaftlicher Horizonte ist allen Definitionen zum Design-Based Research gemeinsam (siehe z.B. Design-Based Research Collective 2003: 5; (*6) Wang/Hannafin 2004: 2; Anderson/Shattuck 2012: 16;
(*1) Euler/Sloane 2014: 7
(*9)). Ein weiteres wichtiges Charakterisierungsmerkmal ist, dass es bei DBR nicht (wie bei den meisten anderen pädagogischen Forschungszugängen) darum geht, ob eine bestehende Maßnahme wirksam ist. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Frage, „wie ein erstrebenswertes Ziel in einem gegebenen Kontext am besten durch eine im Forschungsprozess noch zu entwickelnde Intervention erreicht werden könnte“. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der „Exploration von zukünftigen Möglichkeiten“ (Euler/Sloane 2014: 7).
(*9)
Den intensiven Austausch zwischen Theorie und Praxis sowie die Entdeckung von Potenzialitäten versprechen sich VertreterInnen des Design-Based Research v.a. von zwei Zugängen: Erstens von der engen Kollaboration bzw. Partnerschaft von ForscherInnen mit im pädagogischen Feld tätigen Personen (Design-Based Research Collective 2003: 7; (*6) Wang/Hannafin 2004: 2; Reinmann 2005: 61f.
(*21)). Zweitens vom – das DBR besonders kennzeichnenden – iterativen Forschungsablauf. Gabi Reinmann (2005: 62)
(*21) zufolge finden in Projekten des Design-Based Research Entwicklung und Forschung „in kontinuierlichen Zyklen von Gestaltung, Durchführung, Analyse und Re-Design statt; Invention, Analyse und Revision wechseln also einander ab“ (detailliert siehe Reinmann/Sesink 2011: 11ff.
(*24) und Euler 2014: 20ff.
(*8)). Ein derartiger „Makrozyklus“ muss wenigstens zweimal durchlaufen werden (Reinmann 2014: 66), weswegen DBR-Vorhaben in der Regel länger dauern, als die meisten anderen wissenschaftlichen Projekte im Bildungsbereich (vgl. Seufert 2014: 94).
(*26) Dabei sind im Forschungsverlauf in erster Linie Verfahren einzusetzen, „mit denen man nicht Vorher-Gedachtes und Unerwartetes wahrnehmen und eine Verständigung darüber erreichen kann, welche Bedeutung ihm für das gemeinsame Projekt zugeschrieben wird“ (Reinmann/Sesink 2011: 17).
(*24) Dazu zählen u.a. Forschungstagebücher, protokollierte Teambesprechungen sowie Foto- und Videoaufnahmen von Prozessen und (Zwischen-)Produkten (vgl. ebd.). Diese fließen in die möglichst ausführliche und systematische Dokumentation sämtlicher Vorgänge eines Vorhabens ein, die zu einem „design case“ komprimiert den wichtigsten Ausgangspunkt für die Gewinnung von Erkenntnissen in DBR-Projekten bildet (Edelson 2002: 116f.).
(*7)