Für einen umfassenden und langfristigen Wandel hin zu mehr Diversität und sozialer Gerechtigkeit in Kunst und Kultur bedarf es grundlegender und weitreichender struktureller Veränderungen. Der vorliegende Beitrag*1 *(1) geht der Frage nach, wo Österreichs Kulturpolitik und -verwaltung ansetzen können, um den Kulturbetrieb offener und gerechter zu machen. Welche Praktiken und Übereinkünfte in Bezug auf Kunst dominieren das kulturpolitische Feld? Welche inhaltlichen Aktualisierungen und konkreten Maßnahmen braucht es, um Diskriminierungen entgegenzuwirken? Der Beitrag knüpft an Beobachtungen sowie Erfahrungen von in Kunst und Kultur tätigen Personen an und führt Erkenntnisse zusammen, die aus dem Forschungsprojekt Kulturelle Teilhabe in Salzburg (2017–2021)*2 *(2) hervorgingen.
Die Erkenntnis, dass der Kulturbetrieb die Normalität unserer von Diversität gekennzeichneten Migrationsgesellschaft nicht widerspiegelt und weite Teile der Gesellschaft davon aktiv ausgrenzt, ist keineswegs neu. Ebenso wenig die damit einhergehende Forderung nach Transformation, um das Feld von Kunst und Kultur insgesamt gerechter sowie für marginalisierte Gruppen relevant und zugänglich zu machen. Die gesetzlichen Bestimmungen sind diesbezüglich eindeutig: Diskriminierungsverbot sowie das Menschenrecht auf kulturelle Teilhabe sind in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert.*3 *(3) Für die Durchsetzung dieser Rechte zu sorgen, ist demnach eine zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand und der durch sie geförderten Institutionen.
Tatsächlich haben Diversität und Antidiskriminierung seit Kurzem als Themen Eingang in die österreichische Kulturpolitik gefunden. So benennt das Land Salzburg in dem 2018 veröffentlichten Kulturentwicklungsplan KEP Land Salzburg als eines seiner grundsätzlichen Ziele, dass es sich dem „Ideal einer gleichberechtigten Gesellschaft folgend, […] zur Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung von Menschen aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts und zur Förderung einer nachhaltigen Chancengleichheit“ bekennt (Land Salzburg 2018: 13). (*15) Im Zwischenbericht zu dem im Herbst 2020 auf Bundesebene gestarteten Fairness Prozess ist zu lesen: „Die künstlerische und kulturelle Arbeit von Menschen aus marginalisierten Gruppen soll in Zukunft mehr in den Fokus rücken. […] So divers die österreichische Gesellschaft ist, so divers soll auch ihre Kunst und deren Publikum werden.“ (Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport 2021a: 13)
(*6) Sowohl im österreichischen Fairness Codex*4 *(4) als auch in der Kunst- und Kulturstrategie des Bundes sollen „die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Künstler:innen aus marginalisierten Gruppen sowie die kulturelle Beteiligung von marginalisierten Menschen eine zentrale Rolle spielen“ (ebd.).
(*6) Als konkreter Schritt wurde bereits in allen neuen Ausschreibungen „Diversität als berücksichtigungswürdiges Kriterium“ eingefügt, wodurch Auswahlgremien angehalten werden sollen, die Diversität der Beteiligten bei der Bewertung der Anträge zu berücksichtigen. Außerdem soll eine Neufassung der Geschäftsordnung für Beiräte und Jurys zu einer Diversitätsentwicklung beitragen, indem darin „die Berücksichtigung aller gesellschaftlicher Gruppen explizit verankert“ wurde (vgl. ebd.).
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