Auf dem Wissen von anderen politischen Kämpfen aufbauen

Sheri Avraham, Zuzana Ernst und Ivana Pilić im Gespräch mit Anita Moser und Gwendolin Lehnerer

Sheri Avraham, Zuzana Ernst und Ivana Pilić sind die Kuratorinnen von D/Arts – Projektbüro für Diversität und urbanen Dialog in Wien. Seit 2021 setzen sie in breiter Allianz Veranstaltungen, Diskursreihen und künstlerische Produktionen um, mit dem Ziel, das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines diversitätsorientierten Strukturwandels des Kulturbetriebs zu schärfen. D/Arts soll zukünftig als eine Institution, die diskriminierungssensible Diversitätsentwicklung für den Kulturbetrieb umsetzt, strukturell verankert werden. Im Gespräch mit Anita Moser und Gwendolin Lehnerer erzählen die Kuratorinnen über Anfänge, Struktur und formale wie inhaltliche Zugänge des Projekts. Sie geben Einblicke in konkrete Strategien und in verschiedene Herausforderungen – etwa ihre Moderationsrolle im Netzwerk der vielen Vereine und Kulturinstitutionen – sowie Tipps, wie auch in Salzburg mehr Diversität im Kulturbetrieb erreicht werden kann.

Wie kam es zu der Gründung von D/Arts?

Ihr habt gemeinsam D/Arts ins Leben gerufen und setzt seit Juni 2021 Projekte um. Könnt ihr kurz umreißen, wie es dazu gekommen ist? Warum habt ihr euch zu dem Schritt entschieden?

Zuzana Ernst (ZE): Ivana, du hast den ersten Schritt gemacht.

Ivana Pilić (IP): Anfang 2020 kam Anne Wiederhold von der Brunnenpassage auf mich zu und erzählte, dass sie von einer Stiftung Geld für eine Diskursreihe zugesagt bekommen habe und ob ich daran interessiert sei, diese zu kuratieren. Ich habe zugesagt.

Ich sagte schon damals, dass, wenn wir – ähnlich wie Aslı Kışlal 2012 mit Pimp my Integration – das Thema Diversität im Kulturbetrieb wieder aufgreifen und politisieren wollen, es nicht nur symbolisch von einer Institution ausgehen sollte, sondern in breiter Allianz mit den vielen unterschiedlichen Institutionen und Akteur:innen, die schon lange in dem Bereich kämpfen, umgesetzt werden soll.

Die Idee hat Anne sehr gut gefallen. Es wurde das Ursprungskonzept geschrieben, Sheri, Zuza und ich haben uns zusammengefunden und den ganzen Prozess fertig konzipiert. Seitdem heißt das Projekt D/Arts, zu Anfang hieß es noch ‚Voices of Transformation‘.

Was sind die mittel- und langfristigen Ziele von D/Arts?

ZE: Als wir das Konzept und die Planung ausgearbeitet haben, war das Projekt noch auf zwei Jahre angelegt, in denen die Diskursreihe den Hauptbestandteil und die künstlerische Produktion den Abschluss davon bilden sollten. Parallel dazu war von Anfang an Teil des Konzeptes, dass sich D/Arts loslöst von einer einzelnen Institution und ein breites Netzwerk aufgebaut werden soll. Auch mit dem klaren Bewusstsein: Die Initiative ist nichts Neues, sondern baut auf – auf so viel Wissen, das bereits von anderen politischen Kämpfen vorhanden ist, von anderen Organisationen, die schon lange an diesen Themen arbeiten. Wir haben dann angefangen – auch das ist ein wachsender Prozess – eine Expert:innenplattform aufzubauen und gleichzeitig Netzwerktreffen zu veranstalten, die mittlerweile in regelmäßigen Abständen stattfinden. Am Anfang gab es Arbeitsgruppen, die sich Gedanken zu Fragen der Policy und zur Struktur gemacht haben. Jetzt sind wir gerade mitten im Prozess der Bildung einer Vereinsstruktur mit Fragen zum Vorstand und so weiter. Das langfristige Ziel ist, dass Anfang 2023, nach der fake it till you make it Start-Phase, eine nachhaltige, eigenständige Struktur entwickelt worden ist, die Bestand hat.

Sheri Avraham, Zuzana Ernst, Ivana Pilić, Anita Moser, Gwendolin Lehnerer ( 2022): Auf dem Wissen von anderen politischen Kämpfen aufbauen. Sheri Avraham, Zuzana Ernst und Ivana Pilić im Gespräch mit Anita Moser und Gwendolin Lehnerer. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 13 , https://www.p-art-icipate.net/auf-dem-wissen-von-anderen-politischen-kaempfen-aufbauen/