„Kunst ist nicht nur eine Äußerung über die Gegenwart, sie kann auch Impulsgeberin für eine andere, bessere Zukunft sein. Daher gibt es nicht nur ein Recht, Kunst zu genießen, sondern auch eines, sie zu machen.“ (Tania Bruguera, Künstlerin, 2012) (*1)
Der Zugang zu Kunst und Kultur, aber auch die Ermöglichung der Produktion von Kunst und Kultur stellt ein Grundrecht in demokratischen Gesellschaften dar (vgl. Zobl 2019). (*2)Dementsprechend lautet auch der kulturpolitische Auftrag an Kunst- und Kulturinstitutionen in Österreich, sich an die Gesamtheit der Bevölkerung zu richten. Dennoch sind unterschiedliche Gruppen bis heute auf vielen Ebenen von der Teilhabe im Kulturbetrieb ausgeschlossen und als Produzierende in den Kulturinstitutionen unterrepräsentiert (vgl. ebd.).
(*2)
Künstlerische Artikulation geschieht nicht außerhalb diskriminatorisch organisierter gesellschaftlicher Ordnungen und ist Teil von Diskursen und Praxen, mit denen bestimmte Bevölkerungsteile in ein „Wir“ einbezogen und andere ausgeschlossen werden (vgl. Bourdieu 2016; (*3)Meyer 2016
(*4)). Diskriminierungen erfolgen entlang unterschiedlicher Kategorien, aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Identität, des Alters, Be_Hinderung ebenso wie aufgrund sozio-ökonomischer Hintergründe, (vgl. Ahyoud et al. 2018)
(*5)aber auch Fragen von Weltanschauung, Religion oder Erstsprachen sind beim Thema Ausschluss zu berücksichtigen. Im Zusammenwirken ergeben diese einzelnen Ausschlussfaktoren – beispielweise ökonomische Benachteiligung verbunden mit Diskriminierung aufgrund von Rassismus – intersektionale Mehrfachbetroffenheiten. So sind etwa Akteur:innen, die bildungsbenachteiligt werden und zugleich von Rassismus betroffen sind, im Kulturbetrieb eine besonders unterrepräsentierte Gruppe (vgl. Ernst/Pilić 2021).
(*6)
Im vorliegenden Beitrag gehen wir der Frage nach, welche Ausschlüsse im kulturellen Feld wirkmächtig sind, welcher Handlungsbedarf sich ableiten lässt und wie unterschiedliche Strategien zusammengedacht werden können, um dem Versprechen von kultureller Teilhabe für eine pluralistische Gesellschaft nachzukommen.
Konzepte zur Öffnung von Kultureinrichtungen sind notwendig, um die gebremste Teilhabe von weiten Teilen der Bevölkerung zu überwinden (vgl. Pilić/Wiederhold-Daryanavard 2021). (*7)Dafür bedarf es zunächst der Einsicht, dass eine konzeptionelle Erweiterung und eine grundsätzliche Öffnung bedeutet, zu hinterfragen, wer in unserer Gesellschaft wie selbstverständlich zu einem „Wir“ gezählt wird und wer nicht. Noch immer werden etwa Migrant:innen nicht als Teil der Gesellschaft, des „Wir“, wahrgenommen und vielmehr als „fremde“ Bevölkerungsgruppen betrachtet (vgl. u.a. Bayer/Terkessidis 2017;
(*8)Sharifi 2019;
(*9)Mecheril 2016
(*10)). Das betrifft nicht nur neu Zugezogene, sondern auch Menschen, die in der sogenannten zweiten oder dritten Generation geboren sind und sich immer noch nicht als vollständiger Teil der Gesellschaft verstehen dürfen (vgl. El-Tayeb 2018;
(*11) Ernst/Pilić 2021
(*6)).
Um eine solidarische und inklusive Vorstellung von einem „Wir“ voranzutreiben, ist es unabdingbar, die pluralistische und vielfältige Gesellschaft als Realität anzuerkennen (vgl. Yldiz 2021). (*12)So würde ein Abschied vom Integrationsparadigma*2 *(2) etwa bedeuten, sich auch im Kulturbetrieb von Sonderformen der Ansprache (etwa spezifische Projekte für „Geflüchtete“) zu lösen und vermehrt auf Strategien zu setzen, die die vielfältige Stadtgesellschaft zum Maßstab für kulturelle Teilhabe erheben (Vgl. Bayer/Terkessidis 2017).
(*6)Zugleich ist es mitunter vonnöten, im Sinne eines strategischen Essenzialismus*3 *(3) die Diskriminierung einzelner Gruppen zu benennen und diese gezielt zu fördern und zu empowern (vgl. Unterweger 2017).
(*14)Für Öffnungsprozesse gibt es kein Patentrezept, (vgl. Micossé-Aikins/Sharifi 2019)
(*15)eine grundlegende Debatte in Politik, Verwaltung und den Kulturinstitutionen über Ausschluss und Diskriminierung ist jedoch zentraler Ausgangspunkt.