*1 *( 1 )Seit seinem Inkrafttreten im Jahr 1981 wird das schweizerische Asylgesetz laufend revidiert und die damit einhergehenden Verschärfungen werden stets von rechtspopulistischen Kampagnen der Schweizer Volkspartei SVP begleitet. Die SVP wendet hierfür enorm hohe finanzielle Mittel auf und setzt neben großflächiger Plakatierung im öffentlichen Raum auf eine starke Präsenz in den Schweizer Medien – nicht nur mit Kampagneninseraten, sondern auch mittels wirtschaftlicher Übernahme ganzer Verlage wie z.B. der Basler Zeitung (Wikipedia 2013: o.S.) (* 16 ). Das Umwerben Stimmberechtigter findet zudem über die direkte Zustellung des Agitationsmaterials an alle Schweizer Haushalte statt. Die politische Stimmung im Land hat sich nach den vom Stimmvolk knapp abgelehnten SVP-Initiativen zur Begrenzung des Ausländeranteils auf achtzehn Prozent im Jahr 2000, „gegen den Asylmissbrauch“ zwei Jahre später sowie der 2004 angestrebten „Einbürgerungsinitiative“ dramatisch verschärft: Im Jahr 2009 konnten sich das Minarettverbot und im darauf folgenden Jahr die „Ausschaffungsinitiative“ – die darauf abzielt, wegen eines Delikts verurteilte AusländerInnen unabhängig vom jeweiligen Strafmaß automatisch des Landes zu verweisen – als Mehrheitsentscheide durchsetzen. Im September 2012 verabschiedete die Bundesversammlung per Dringlichkeitsklausel die jüngsten Verschärfungsmaßnahmen des Asylgesetzes. Darin ist u.a. festgeschrieben, dass Asylgesuche künftig nicht länger bei Schweizer Botschaften im Ausland eingereicht werden können. Außerdem werden Wehrdienstverweigerung und Desertion nicht mehr als legitime Asylgründe anerkannt – für MenschenrechtsaktivistInnen, Verfolgte aus totalitären Staaten und Kriegsgebieten kann dies gravierende Folgen haben. Somit setzt das schweizerische Asylrecht heute nicht länger bei der Hilfeleistung für Flüchtlinge an, sondern dient vielmehr ihrer gezielten Abschreckung.
Die zunehmende Salonfähigkeit xenophober Haltungen in der Schweizer Gesellschaft bewegt nun auch Kunst- und Kulturschaffende dazu, sich zu der Problematik zu äußern. Spätestens seit der Annahme der Antiminarett-Initiative lässt sich in der Schweizer Kunst- und Kulturszene eine gestiegene Aufmerksamkeit für die irreguläre Migration beobachten – etwa am Beispiel des im Jahr 2009 von einer Gruppe Kulturschaffender gegründeten Vereins Kunst+Politik (vgl. Kunst+Politik 2013) (* 15 ). Seit seinen Anfängen hat der Verein bereits einige Projekte zum Thema der Migration lanciert, u.a. Aufruf der Hundert – eine Aktion gegen die „Ausschaffungsinitiative“ der SVP im Jahr 2010 –, Stimm-/Wahlrecht Basel – eine Kampagne zum Stimmrecht von MigrantInnen im Kanton Basel-Stadt im selben Jahr –, oder auch das Projekt an deiner statt, im Zuge dessen 29 Schweizer AutorInnen 2012 mit Nothilfe-BezieherInnen, Sans-Papiers und abgewiesenen AsylbewerberInnen Gespräche geführt haben, um ihnen in daraufhin verfassten Texten „eine Stimme zu geben“.
Marina Belobrovaja ( 2013): „… so’n bisschen United Colors of Benetton“. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 02 , https://www.p-art-icipate.net/son-bisschen-united-colors-of-benetton/