„Das Dorf wird noch globaler werden“ – Digitale Teilhabe, Potenziale und Herausforderungen im Rahmen regionaler Kulturarbeit in Salzburg
Andrea Folie im Interview mit Dilara Akarçeşme
Was bedeutet kulturelle Teilhabe allgemein und besonders in den Salzburger Regionen? Wie findet regionale und internationale Vernetzung statt? Welche Rolle spielt dabei digitale Teilhabe? Das Interviewgespräch mit Andrea Folie fokussiert kulturelle Teilhabeprojekte am Land Salzburg und zeigt glokale Möglichkeiten digitaler Teilhabe auf.
Andrea Folie ist Leiterin des Projekts Ankommenstour Querbeet,*1 *(1) arbeitet in der Gemeindeentwicklung im Salzburger Bildungswerk sowie Assistentin der Geschäftsführung im Dachverband Salzburger Kulturstätten. Das Interview fand im Rahmen des Projekts Kulturelle Teilhabe in Salzburg im Salzburger Bildungswerk statt.
Was bedeutet für dich kulturelle Teilhabe in Salzburg und darüber hinaus?
Kulturelle Teilhabe in Salzburg ist für mich immer die Anfangsfrage. Das ist der Grund, warum Katrin Reiter und ich beschlossen haben, Querbeet zu entwickeln. Kulturelle Teilhabe beginnt für mich dort, wo wir unterschiedlichste Netzwerke zusammenschließen, denn wenn ich nur mit meinem eigenen Netzwerk arbeite, schwimme ich in meinem eigenen Süppchen. Ich muss mit anderen Leuten gestalten.
Für mich ist es wichtig, mich in die Regionen hinauszubewegen, also in die kleinen und größeren Gemeinden, um dort die lokalen Menschen zu fragen: „Was brauchen Sie?“ bzw.: „Wo drückt der Schuh?“ Im Rahmen von Querbeet lag der Fokus beim Thema der interkulturellen Bildung in den Regionen. Ich war mir immer sicher, dass es gerade in den Regionen viel Potenzial und viele Ideen gibt, die nie abgeholt werden, da man stattdessen in größeren Häusern sitzt und unterschiedlichste Angebote aufbereitet in der Hoffnung, dass Menschen dorthin kommen.
Ich bin jedoch der Meinung, dass es darum geht, zu den Menschen hinzukommen und dass es nicht über die Masse geht. Als Multiplikator_innen erreicht man über sie dann die Gemeinde. Dadurch kommt man zu ganz anderen, neuen Zielgruppen und fragt nach, was gebraucht wird, was funktioniert oder was nicht funktioniert, damit man gemeinsam gestalten und die Personen im Rahmen ihrer Ideen und Projekte unterstützen kann.
Bei Querbeet sehen wir, dass Bedürfnisse sehr unterschiedlich sind. Während zum Beispiel für eine Gemeinde Frauenrechte und -chancen wichtig sind, will eine andere Gemeinde im Bereich des Theaters aktiv werden. Andere Gemeinden wiederum legen mehr Wert auf interreligiösen Dialog. So gestalten die Menschen selbst, unser Eingriff liegt lediglich darin, Referent_innen oder Expert_innen von außen oder aus der Gemeinde selber zu engagieren.
Kannst du uns weitere Einblicke in die Abläufe deiner Arbeit bei Querbeet geben? Was sind zum Beispiel eure ersten Schritte, um in einer neuen Gemeinde Fuß zu fassen?
Wir beginnen bei den Bürgermeistern und den Gemeindebediensteten auf der Verwaltungsebene, meist in Einzelgesprächen. So habe ich auch die politische Ebene dabei und weiß, dass ich eventuell einen besseren Blick in die Gemeinde bekomme.
Danach führe ich Gespräche mit den lokalen Bildungs- und Kulturvereinen, die ich vorab recherchiere. Das können Bibliotheken, ein zeitgenössisches Theater oder ein Volkschor sein. Danach holen wir Ehrenamtliche, die in dem Fall im interkulturellen Bereich tätig sind. Wir gehen außerdem in Flüchtlingshäuser und zu Personen mit Migrationshintergrund. Mir ist jedoch ganz wichtig klarzumachen, dass Querbeet kein Flüchtlingsprojekt ist. Es geht immer um den Bedarf. Vor zwei bis drei Jahren war der Bedarf sehr groß, sich mit dem Thema Flucht zu beschäftigten. Mir geht es dabei allerdings um das Thema der kulturellen Vielfalt und darum, es in der Gemeinde zu besprechen und dafür zu sensibilisieren.
Beispielsweise gibt es Gemeinden, in denen sich herausgestellt hat, dass dort eigentlich auch Menschen aus den Niederlanden, aus Italien oder aus Spanien leben, die nie miteinbezogen wurden. Es gab auch Gemeinden, die meinten, dass sie nichts bräuchten, weil die Integration bei ihnen funktioniere, alle eine Arbeit hätten und keine Geflüchteten dort wohnten. Danach stellten wir aber fest, dass sie sehr viele Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien haben, die vor 20 Jahren gekommen sind. In diesem Bereich wurde nie etwas gemacht.
Ich lege Wert darauf, auf den genannten Ebenen, also auf der Bürgermeisterebene, auf der Vereinsebene und auch auf der Ehrenamtsebene, zu sensibilisieren, dass es unterschiedliche Kulturen in den Gemeinden gibt, mit denen man sich beschäftigen muss. Das Dorf wird noch globaler werden, daran führt kein Weg vorbei. Während sich manche Gemeinden mehr damit beschäftigen, was sich auch bemerkbar macht, gibt es andererseits Gemeinden, in denen es eben ein bisschen holpert.
Dilara Akarçeşme, Andrea Folie ( 2018): „Das Dorf wird noch globaler werden“ – Digitale Teilhabe, Potenziale und Herausforderungen im Rahmen regionaler Kulturarbeit in Salzburg. Andrea Folie im Interview mit Dilara Akarçeşme. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 09 , https://www.p-art-icipate.net/das-dorf-wird-noch-globaler-werden-digitale-teilhabe-potenziale-und-herausforderungen-im-rahmen-regionaler-kulturarbeit-in-salzburg/