„Das Dorf wird noch globaler werden“ – Digitale Teilhabe, Potenziale und Herausforderungen im Rahmen regionaler Kulturarbeit in Salzburg

Andrea Folie im Interview mit Dilara Akarçeşme

Was passiert in Gemeinden, die sich damit beschäftigen, dass das Dorf noch globaler werden wird?

In Saalbach-Hinterglemm findet heuer zum Beispiel zum ersten Mal ein Dialog zum Thema „Wandel im Tourismus. Weiterbildung interkulturell und digital“ statt. Er handelt davon, wie sich Berufe verändern, wenn Menschen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen in Berufsfelder hineinkommen. Gleichzeitig geht es auch darum, wie sich Berufe und Betriebe verändern, wenn man den digitalen Wandel mitnimmt. Das sind zwei ganz spezielle Bereiche, die uns in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen werden, vor allem der digitale Bereich. Wir haben bis jetzt insgesamt drei Mal den sogenannten digitalen Querbeettag entwickelt, der aus ehrenamtlichen Tätigkeiten heraus entstanden ist. Ehrenamtliche wollen sich verstärkt vernetzen, wollen mehr Menschen engagieren und mit diesen diskutieren. Die Frage, die wir uns im Zuge dessen gestellt haben, war: „Wie können wir eine Teilhabe auch von Unken oder Lofer aus gestalten?“

Damals hatte Katrin Reiter die Idee eines Querbeettages mit David Röthler. Das ist im Grunde genommen ein Webinar, im Rahmen dessen wir Ehrenamtliche aus unterschiedlichen Regionen holen, und zwar nicht nur aus Österreich, sondern auch international.

Wie haben die Webinare konkret ausgesehen, die im Namen digitaler Teilhabe organisiert wurden?

Die Idee ist vor zwei Jahren entstanden, als wir noch mit IKULT*2 *(2) selbstständig waren. In zwei Gemeinden meinten unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen, dass sie sich vernetzen möchten, aber nicht wissen, wie sie es tun sollen, da sie keine Ressourcen hatten. Daraufhin haben wir mit David Röthler diese Webinare organisiert. Es haben sich fünf Gruppen aus fünf unterschiedlichen Regionen zugeschaltet und aus ihren Bereichen berichtet. Das ging so weit, dass wir letztes Jahr mit David Röthler und IKULT, Katrin Reiter und ich, mit dem Netzwerk Bildungsberatung ein Projekt mit Unterstützung des Sozialministeriums gestartet haben, das mit Vernetztes Ehrenamt betitelt wurde. Es gab sechs Webinare zu sechs speziellen Themen im Integrationsbereich. Wir haben dazu Expert_innen eingeladen, haben die Ehrenamtlichen vor die Computer geholt und mit ihnen darüber diskutiert, was unterschiedliche Personen in ihren Gemeinden verwirklichen und welche Projekte in unterschiedlichen Gemeinden durchgeführt werden. Wir haben gemerkt, dass gerade der digitale Aspekt sehr stark mitgenommen werden und ein zusätzlicher Bereich sein kann, wenn man über Teilhabe spricht. Hier geht es nicht um Entweder-Oder, es geht um Sowohl-als-Auch: man muss sowohl das Persönliche als auch das Digitale mitnehmen, um unterschiedlichste Zielgruppen anzusprechen.

Wenn wir allerdings von digitaler Teilhabe sprechen, müssen wir mit den Teilnehmer_innen zu Beginn alles Schritt für Schritt durchgehen. Ich kann nicht an sie herantreten und sagen: „Ja, klick einfach mal drauf und dann diskutieren wir online.“ Man muss zu den Menschen hinfahren und mit ihren Computern arbeiten. Beim nächsten Mal funktioniert es dann vielleicht schon allein und beim übernächsten Mal sind sie bereits Expert_innen. Sie können es selbst erklären und schalten sich einfach dazu. Es geht also darum, das Ganze peu à peu aufzuziehen.

Auch wurden Katrin Reiter und ich vor einigen Wochen von der ENCC – European Network of Culture Centers nach Griechenland, auf die Kykladeninsel Andros eingeladen. Dort ging es unter anderem um das Thema der digitalen Bildung für Kultur- und Kunstarbeiter_innen und um die Frage, wie Partizipation geschaffen werden kann. Wir haben mit zwölf Teilnehmer_innen aus ganz Europa gearbeitet. Dort stellten wir uns die Frage: „Wie können wir hier und jetzt Teilhabe schaffen?“ Manchmal sind die banalsten Dinge zentral: Wir sind einfach mit unseren iPads, iPhones und Geräten, die wir mitnehmen konnten, ins Kulturamt des Dorfes gegangen. Die zuständige Dame hatte tatsächlich Zeit, sodass wir uns mit ihr darüber austauschen konnten, wo sie gerade in diesem Bereich stehen. Sie erklärte, dass sie nun bei den Gemeinderatssitzungen Mikrofone haben, um diese aufnehmen zu können. Das ist die Ebene, auf der sie gerade stehen.

Daraufhin waren wir in der örtlichen Bibliothek, wo uns die älteste Enzyklopädie der Insel aus dem 14. Jahrhundert gezeigt wurde. Dort wird noch mit einem Schubladensystem gearbeitet, das jetzt langsam umgestellt wird. Wir haben gleich am Anfang gefragt, ob wir alles mitfilmen dürfen und haben daraus unterschiedlichste Filme geschnitten. Auch haben wir uns online mit Personen ausgetauscht, die wir live aus Salzburg zugeschaltet haben, wie zum Beispiel die Musikerin Gudrun Raber-Pleichinger, die uns musikalische Elemente mitgegeben hat. Wir haben mit ihr darüber diskutiert, wie und ob sich die Kunst verändert, wenn sie auf digitaler Ebene transportiert wird.

Wir versuchen also, auf unterschiedlichsten Ebenen zu spielen. Das heißt, ich nehme das Persönliche mit und frage wieder: „Wo steht ihr? Was braucht ihr? Wo wollt ihr mal hin?“ und mache das, was in dem Moment mir und den Personen vor Ort am einfachsten erscheint.

„Ankommenstour Querbeet“ ist eines von vielen Projekten des Salzburger Verein IKULT, mehr Informationen zu IKULT s. http://ikult.at/ bzw. https://ikultblog.wordpress.com/

Der Verein „IKULT. Interkulturelle Projekte und Konzepte“ fördert regionale Arbeit und digitale Vernetzung im Raum Salzburg, s. https://ikultblog.wordpress.com.

Dilara Akarçeşme, Andrea Folie ( 2018): „Das Dorf wird noch globaler werden“ – Digitale Teilhabe, Potenziale und Herausforderungen im Rahmen regionaler Kulturarbeit in Salzburg. Andrea Folie im Interview mit Dilara Akarçeşme. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 09 , https://www.p-art-icipate.net/das-dorf-wird-noch-globaler-werden-digitale-teilhabe-potenziale-und-herausforderungen-im-rahmen-regionaler-kulturarbeit-in-salzburg/