sound:frame. Vermittlung zwischen den Stühlen

„Mehrsprachige“ Kommunikationsarbeit

Hier ergibt sich die erste kulturmanageriale Herausforderung. Um die unterschiedlichen Zielgruppen zu erreichen, muss die Kommunikationsarbeit bei sound:frame auf der einen Seite „verschiedene Sprachen sprechen“. Auf der anderen Seite ist das Ziel aber jenes, das Gesamtprogramm einer möglichst breiten Zielgruppe zugänglich zu machen. Im Prinzip funktioniert oder kommuniziert sound:frame in mehreren Kontexten und muss sich immer wieder an unterschiedliche AdressatInnen anpassen. Einem Musikpublikum das Musikprogramm des Festivals zu vermitteln ist eine Sache, einem Kunstkritiker, einer Kunstkritikerin zu vermitteln, dass es abseits der Partys eine Reihe von Kunstprogrammen gibt, ist die andere. Gerade von Seiten der Bildenden Kunst wird das Festival in seiner Gesamtheit kritisch betrachtet. Hier kommt schnell das Vorurteil auf, es handle sich ganz allgemein nicht um Kunst, dafür gebe es im Rahmen des Festivals viel zu viel Platz für Party und Spektakel. Ein kunstaffines Publikum legt Wert auf Wissenschaftlichkeit und hinterfragt vor allem den Kunstanspruch des Festivals. Hier hat uns sicherlich von Beginn an die Kooperation mit etablierten Institutionen wie dem MAK oder dem Künstlerhaus geholfen. Es stellt sich jedoch aktuell die Frage, ob wir mit unserem Programm das MAK-Stammpublikum ansprechen, oder vielmehr unser eigenes Publikum ins MAK bringen. Geht es nach dem Falter-Journalisten Dusini, so war das Publikum 2012 wohl erstaunlich: „Die Dichte von Parkas der Marke American Apparel war groß, als am 12. April im Museum für Angewandte Kunst das Festival sound:frame eröffnet wurde. Ein für Museumsverhältnisse ungewöhnlich junges und modisch gekleidetes Publikum war erschienen, um die Licht- und Toninstallation zu begutachten, […]“

Wenn der Braten anbrennt_sf2012 Falter

Mich erstaunt, dass ein Falter-Journalist in diesem Fall so viel Wert auf Mode legt, in einem Satz etwas später rezensiert er sogar die Höhe meiner Schuhabsätze: „Die Kuratorin stand dabei vor dem Gestänge, das die Leinwand für die Filmprojektion trägt. Vor ihr am Boden saß in dichten Reihen das Vernissagenpublikum. Fischers Stöckelschuhe wirkten aus dieser Perspektive besonders hoch.“ So überrascht Dusini über diese Veranstaltung und die erreichten Publikumsschichten auch abseits hartgesottener Szenefreaks gewesen sein mag, so sehr haben wir das Ziel erreicht, unser Festivalpublikum ins Museum zu bringen, und gleichzeitig ein (bildende) Kunst-affines Publikum abseits der szeneinternen Kreise anzusprechen. Es stellt sich also die Frage, wie dieser Artikel für uns zu bewerten ist. Zum einen hört man durchaus eine Pointe von Seiten des Falter-Journalisten heraus, zum anderen freue ich mich jedoch vielmehr über den Fakt, ein junges Publikum ins Museum zu bewegen, das an anderen MAK-Programmen eventuell nicht teilgenommen hätte.

Wie sollte sich die Kunst weiterentwickeln, wenn sie in ihren fix definierten Bahnen dahinläuft und es nicht schafft, ein junges und neues Publikum zu bewegen?

Spannend sind für uns in jedem Fall auch jene BesucherInnen, die sich für alle gebotenen Kontexte interessieren und das Festival in seiner Gesamtheit wahrnehmen und vor allem konsumieren. Diese Zielgruppe nimmt an dem Theorieangebot ebenso teil wie an der Ausstellung und an den Live Performances. Dieser mehrdimensional interessierte Publikumkreis ist am schwierigsten zu erreichen, da dieser die bestmögliche Vermittlung des Gesamtprogrammes fordert. Er ist grundlegend offen und lässt sich gerne überraschen, jedoch ist es zur selben Zeit eine Herausforderung, eine Vielzahl an unterschiedlichen Festivalprogrammpunkten ausgewogen zu kommunizieren. Sehr wichtig dabei ist es, selbst offen zu bleiben und in jedem Jahr neu zu evaluieren, wie sich das Festival weiterentwickelt hat, ob man erfolgreich die gewollten Inhalte transportieren konnte und ob es einen Shift im Schwerpunkt und somit in der Auslegung – auch auf der Rezeptions- bzw. Wahrnehmungsebene seitens der diversen Publika – gab, oder ob es ihn eventuell geben sollte.

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Thun-Hohenstein, Christoph (2012): Zwischen den Stühlen. In: sound:frame. substructions, Festivalkatalog 2012, Wien 2012.

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Debord, Guy (1996): Die Gesellschaft des Spektakels. Berlin: Edition Tiamat.

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Kandinsky, Wassily (1952): Über das Geistige in der Kunst. Neuilly-sur-Seine 1952.

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Waidacher, Friedrich (1999): Handbuch der Allgemeinen Museologie. Wien, Köln, Weimar: Böhlau
1999, S. 482.

Eva Fischer ( 2013): sound:frame. Vermittlung zwischen den Stühlen. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 03 , https://www.p-art-icipate.net/soundframe-vermittlung-zwischen-den-stuhlen/