Ländliche Räume, Kulturorte und Unterstützungsprogramme im Wandel

Ein Bericht aus dem Harz

Eines der vorrangigen Ziele von TRAFO ist, Kulturinstitutionen dabei zu unterstützen, sich „für neue Aufgaben zu öffnen und die Bedeutung der Kultur vor Ort in der öffentlichen Wahrnehmung zu stärken“. Die beteiligten Museen, Theater, Büchereien, Musikschulen, Literaturhäuser und Kulturzentren sollen gemeinsam mit der Bevölkerung ein „neues Selbstverständnis ihrer Aufgaben entwickeln“ und „zu kulturellen Ankern in ihrer Region und zu zeitgemäßen Kultur- und Begegnungsorten“ werden (vgl. Website).star (*6) Dabei gilt es Konzepte zu entwickeln, die über einzelne Kultureinrichtungen hinausgehen, Akteur_innen ganzer Regionen und verschiedenster Felder (Bildung, Kultur, Soziales etc.) involvieren, Vergangenheit und Gegenwart verbinden, Organisations- und Koordinationsstrukturen neu fokussieren und – auch kulturpolitisch – nachhaltig wirksam werden.

Beim Förderprojekt im Oberharz unterstützte TRAFO vier kleine Bergwerksmuseen und Besucherbergwerke dabei, sich als Kulturorte neu aufzustellen und gemeinsam mit der Bevölkerung vor Ort Bespielungs- und Vermittlungsformate zu entwickeln: die Schachtanlage Knesebeck in Bad Grund, der 19-Lachter-Stollen in Wildemann, das Oberharzer Bergwerksmuseum in Clausthal-Zellerfeld und die Grube Samson in St. Andreasberg.

 

Gemeinsames Arbeiten und Erzählen

Der Oberharz – im ehemaligen BRD-DDR-Grenzgebiet in Niedersachsen gelegen – gehörte einst zu den bedeutendsten Erzrevieren Deutschlands. Nach der Stilllegung der großen Bergwerke 1930 wurden einige Schächte als Wasserkraftwerke für die Stromgewinnung genutzt, Anfang der 1980er Jahre jedoch ebenfalls eingestellt. Heute noch zeigt sich deutlich, dass der Bergbau die Gegend über Jahrhunderte geformt und seine Spuren in den Landschaften und Orten hinterlassen hat.

Clausthal-Zellerfeld beheimatet eine renommierte Montanuniversität, die Menschen aus der ganzen Welt zum Studieren und Arbeiten anzieht und der Stadt ein internationales Flair verleiht. Weitläufige Nadelwälder, zahlreiche Speicherseen und Wasserläufe sowie der – mit knapp 1100 Metern höchste und bekannteste Berg – Brocken prägen das umliegende Gebiet. Zudem ist es durchzogen von unzähligen leicht bewachsenen Wällen, die aus den im Zuge des Abbaus zutage geförderten Stein- bzw. Schuttmaterialien entstanden sind. Neben Industrieanlagen, Bergbautechnik und Siedlungsbauten zeichnen bedeutende Baudenkmäler und Stadtensembles den Harz aus.*3 *(3)

Die Rahmenbedingungen der Aufrechterhaltung und Vermittlung des kulturellen Erbes im Oberharz werden – aufgrund von Abwanderung, fehlender Ressourcen, zu wenig Anbindung vor Ort sowie schwindendem ehrenamtlichen Engagement – immer schwieriger. Auch die finanzielle Ausstattung hat sich verschlechtert, seit nach der Wiedervereinigung die Zonenrandförderung eingestellt wurde, die bis dahin an die vormals in Randzonen der BRD gelegenen Gebiete im Oberharz ausgeschüttet wurde.

2016 taten sich die vier oben erwähnten Bergwerksmuseen und Besucherbergwerke im Rahmen des Programms TRAFO (und unterstützt von der UNESCO-Welterbestiftung Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft) zusammen, um sich gemeinsam mit den Herausforderungen in der Region auseinanderzusetzen. Die zentrale Frage war: Wie können diese Häuser sowohl für die Bevölkerung vor Ort als auch für Besucher_innen interessant(er) werden? In einem breit angelegten Beteiligungsprozess – bestehend aus unterschiedlichen Formaten, darunter Workshops mit Mitarbeiter_innen der Museen und Besucherbergwerke, Mitgliedern von Fördervereinen, Bürgermeister_innen und Bewohner_innen der Regionen – wurde über die Zukunft der Kultureinrichtungen nachgedacht.

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Harz|Museen|Welterbe (2019) (Hg.): Im Verbund. Dossier 2, Mai 2019.

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HAWK. Fakultät für Gestaltung Hildesheim (o.J.) (Hg.): Glück auf 2.0. Ideen und Konzepte für Bergwerksmuseen im Oberharz. Hildesheim.

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Land Salzburg/Abteilung Kultur, Bildung und Gesellschaft (Hg.) (2018): Kulturentwicklungsplan des Landes Salzburg. Visionen – Ziele – Maßnahmen. Salzburg. Online unter https://www.salzburg.gv.at/kultur_/Documents/WebNeu_Kulturentwicklungsplan.pdf

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Lenz, Gerhard (2019): Der Berge Zauberwort: Glück auf! In: Harz|Museen|Welterbe (2019) (Hg.): Im Verbund. Dossier 2, Mai 2019, S. 8-9.

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UNESCO-Welterbe/Stiftung Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft (Hg.) (o.J.):  ShortStories. Objekte erzählen ihre Geschichte. Goslar.

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Website TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel: https://www.trafo-programm.de/programm/1806_uber_trafo/n

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Website Kulturstiftung des Bundes: https://www.kulturstiftung-des-bundes.de

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Website UNESCO-Welterbe im Harz: http://www.welterbeimharz.de

Der im März 2002 durch die deutsche Bundesregierung gegründeten Stiftung stehen jährlich aus dem Haushalt des Staatsministeriums für Kultur 35 Millionen Euro zur Verfügung. Neben der Förderung von Projekten Dritter ruft die Kulturstiftung des Bundes durch ihren Vorstand eigene Programme zu aktuellen kulturellen Themenstellungen (wie eben TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel) ins Leben (vgl. Website).

In einer zweiten Phase werden von 2020 bis 2023 weitere fünf Regionen gefördert. Darüber hinaus hat TRAFO 2018 und 2019 deutschlandweit achtzehn Regionen bei der Entwicklung eigener Transformationsvorhaben beraten und gefördert. Insgesamt stellt die Kulturstiftung des Bundes für TRAFO Mittel in Höhe von 22,8 Mio. Euro bereit. Von Seiten der Ministerien, Landkreise und Kommunen erhalten die beteiligten Regionen eine Kofinanzierung von 20 Prozent. Darüber hinaus stellen sie Personal der Kommunal- oder Kreisverwaltungen zur Mitarbeit in den TRAFO-Projekten frei. Die beteiligten Kultureinrichtungen haben die Zusicherung, dass die öffentlichen Förderungen während der Programmlaufzeit nicht gekürzt werden (vgl. Website).

Das Bergwerk Rammelsberg, die Altstadt von Goslar und die Oberharzer Wasserwirtschaft sind Teil des UNESCO-Welterbes (vgl. Website).

Die großen Welterbe-Häuser wie u.a. das Erzbergwerk Rammelsberg in Goslar und das Zisterzienser Kloster Walkenried haben sich der Gestaltungslinie der vier kleinen Welterbe-Museen im Oberharz angeschlossen (vgl. Harz|Museen|Welterbe 2019: 4).

Anita Moser ( 2019): Ländliche Räume, Kulturorte und Unterstützungsprogramme im Wandel. Ein Bericht aus dem Harz. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/laendliche-raeume-kulturorte-und-unterstuetzungsprogramme-im-wandel/