Mehr dezentrale Kulturarbeit, bitte!

Dezentrale Kulturarbeit als ‚Königsdisziplin‘

Ob Symposium, Frühstück, Diskussionsforum oder künstlerischer Event ‑ zahlreiche Programmpunkte der P-ART Akademie boten die Möglichkeit, sich in unterschiedlichen Formaten an dem Vermittlungsangebot zu beteiligen und sich intensiv mit Herausforderungen, Intentionen und Programmatiken dezentraler Kulturarbeit auseinanderzusetzen. Vor allem in der abendlichen Veranstaltungsreihe P-ART Impuls wurde dabei lebhaft und durchaus kontrovers diskutiert: Inwiefern das Potential Peripherie?! als regionale Herausforderung zu begreifen und anzupacken ist, stand im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion im MARK Kulturzentrum. Dass Sprache als antidiskriminatorische Praxis dazu beiträgt, Parolen gegen ein ‚mit_ein_ander(s)‘ Paroli zu bieten, wurde multiperspektivisch im Café Unikum Sky verhandelt. Darüber, dass dezentrale Kulturarbeit stets eine Einladung zur Partizipation darstellt, war Konsens einer dennoch vielschichtigen und kritischen Auseinandersetzung in der akzente Jugendinfo. Und inwiefern ‚mit_ein_ander(s)‘ als programmatischer Kulturauftrag interpretiert werden kann, war Anlass, um in der Stadtgalerie Lehen über das Potential von Kunst quer durch und auch mit alle(n) Bevölkerungsschichten sowie die damit verbundenen Herausforderungen zu debattieren.

Doch was kann rückblickend als Credo von dezentraler Kulturarbeit als Königsdisziplin (Rüdiger Wassibauer) angesehen werden? Ob es das Zusammenbringen von Menschen, die sich sonst nicht begegnet wären (Birgit Mandel) ist; ob es die ständige Reibung mit sich selbst und den Anderen (Gerd Pardeller) ist; ob es das notwendige Zurückschrauben des eigenen professionellen Anspruchs (Kim Habersatter) ist; ob es ein Geben von Vorbildern des Quer-Denken-Könnens (Günther Friesinger) ist; ob es ein Aufzeigen von Probenutzungen und damit regionalen Entwicklungsmöglichkeiten (studioachtviertel) ist; oder ob es die unmittelbare und persönliche Anerkennung von kreativem Schaffen (Onur Bakis) ist – dezentrale Kulturarbeit denkt, macht und lebt vor, wie kulturelle Teilhabe gelingen kann: Es gilt, neue Achsen des Zusammenlebens, räumlich, sozial, künstlerisch und gesellschaftlich zu schaffen – und dabei kulturelle und künstlerische Produktion gesamtheitlich und schnittstellenorientiert zu denken. Wird kulturelle Teilhabe als eine, ja die zentrale Voraussetzung für ein aktives Gestalten des eigenen Lebensumfeldes verstanden, sind es dezentrale Initiativen, die exakt diesen Anspruch zu verwirklichen suchen.

Einen Prozess zu initiieren, diesen zu moderieren und eine kollaborative Gestaltungsaufgabe einzuleiten, kann dabei als eine der vorrangigen Intentionen dezentraler Kulturinitiativen verstanden werden: Dabei den eigenen Schutzraum auch verlassen können (Hans Peter Graß), das Unerwartete zulassen können (Marcel Bleuler) oder auch einen Anstoß zu geben und sich dann zurückzuziehen (Swetlana Heger) waren zentral thematisierte Merkmale, die weniger eine reine Ergebnisorientierung als viel mehr die Ansprache und Aktivierung eines gemeinsamen Tuns und Handelns definieren. Diese Aktivierung hat dabei auch viel mit der Übernahme von individueller und kollektiver Verantwortung zu tun, mit einem ‚Sich-Gemeinsam-Zuständig-Fühlen‘ und findet ihren Anstoß zumeist dadurch, dass neue Gemeinschaften ermöglicht werden. Diese benötigen jedoch Raum für Austausch und Erfahrungen, um zusammenzuwachsen und sich über diese neue, oft temporäre, gemeinsame Verantwortlichkeit definieren zu können.

Anmerkung: Stadt und Land Salzburg

Alle kursiv gesetzten Textteile sind Zitate aus: P-ART Akademie für dezentrale und transdisziplinäre Kulturkonzepte. Dokumentation und Reflexion 2018, nachlesbar unter https://www.p-art-icipate.net/wp-content/uploads/2019/03/P_ART_Katalog_als_PDF.pdf

Siglinde Lang ( 2019): Mehr dezentrale Kulturarbeit, bitte!. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/mehr-dezentrale-kulturarbeit-bitte/