Mehr dezentrale Kulturarbeit, bitte!

Resümee: Neue Dynamiken im Kunst- und Kultursektor

Das Pionierprojekt P-ART Akademie kann als ausgesprochen gelungenes Experiment bezeichnet werden: Gerade das verdichtete Zusammenspiel von wissenschaftlichen Diskursen, kulturpraktischen Erfahrungen, künstlerischen Methoden und schrittweiser projektmanagerialer Begleitung hat eine transdisziplinäre Herangehensweise (auch) strukturell erfahrbar, der Themenfokus ‚mit_ein_ander(s)‘ eine wesentliche Intention von dezentraler Kulturarbeit (auch) atmosphärisch erlebbar gemacht.

Doch diese dezentrale und transdisziplinäre Herangehensweise verlangt ein Umdenken im Kunst- und Kultursektor, sowohl von seinen Akteur*innen als auch von seiner zentral orientierten Ballung und der damit verbundenen finanziellen Förderstruktur. Das bedeutet etwa, dass das Selbstverständnis von Kunstschaffenden und Kurator*innen in Hinblick auf ihre gesellschaftliche Verantwortung für sozietäre Prozesse zu reflektieren oder Publikumsstatistiken nicht (nur) über die Anzahl der jährlichen Opern- oder Konzertbesuche und Adressierung einer homogenen Mehrheitsgesellschaft, sondern über die (vielfältige) Ansprache heterogener Bevölkerungsschichten zu definieren sein wird. Auch die Diskussion über die Schließung von Staatstheatern wird erneut Zündstoff erhalten, wenn stattdessen etwa ein regionales Wandertheater subventioniert werden kann.

Dezentrale Kulturarbeit bringt damit jene Bewegung und Dynamik in den Kunst- und Kultursektor, der von der Kulturnutzungsforschung seit Jahrzehnten gefordert wird: Das Erproben neuer Produktionsformate zwischen professionellem Kunstschaffen und zivilgesellschaftlicher Mitgestaltung gilt es ernst zu nehmen – auch wenn es die eigene Bis-dato-Legitimität als Kunstinstitution in Frage stellt. Ein Experimentieren mit kulturellem Brachland wird als regionalpolitische Maßnahme anzuerkennen sein – auch wenn dieser Ansatz eine abteilungsübergreifende Re-strukturierung (kultur-)politischer Förderstrukturen bedeutet. Künstlerische Qualitätskriterien werden nach dem Maßstab des Schaffens von (Zwischen-)Räumen zu definieren sein – auch wenn die dafür erforderliche Prozessoffenheit längere Projektlaufzeiten und Unsicherheiten verlangt.

Also, mehr dezentrale Kulturarbeit, bitte! Denn dezentrale kulturelle Initiativen schaffen exakt jene Räume des ‚mit_ein_ander(s)‘, die unsere Gesellschaft aktuell so dringend benötigt: Räume, die neuartige Beziehungsstrukturen ermöglichen, Reibungen durchaus zulassen, dabei jedoch Gemeinsames vor Trennendes stellen und kollektive Identitäten mit individuellen Haltungen, auch über diese hinaus, verbinden!

Dokumentation der P-ART Akademie 2018 mit Vorstellung der Stipendiat*innen und ihrer Projektkonzepte sowie zentralen Statements aus den Diskussionsrunden unter: LINK

Cover des Berichts der PARTAkademie

Dokumentation der P-ART Akademie 2018 mit Vorstellung der Stipendiat*innen und ihrer Projektkonzepte sowie zentralen Statements aus den Diskussionsrunden

 

Anmerkung: Stadt und Land Salzburg

Alle kursiv gesetzten Textteile sind Zitate aus: P-ART Akademie für dezentrale und transdisziplinäre Kulturkonzepte. Dokumentation und Reflexion 2018, nachlesbar unter https://www.p-art-icipate.net/wp-content/uploads/2019/03/P_ART_Katalog_als_PDF.pdf

Siglinde Lang ( 2019): Mehr dezentrale Kulturarbeit, bitte!. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/mehr-dezentrale-kulturarbeit-bitte/