… als (kommerzielle) Marktstrategie: Die Merchandising-Maschinerie von „Star Wars“ (in den späten 70ern)
Als einer der erfolgreichsten Pioniere der Marktstrategie “Kundenbindung durch Merchandising“ kann Coca Cola angesehen werden. Das Unternehmen hat es bereits in den 70er Jahren geschafft, ihre Zusatzartikeln (wie Blechschilder, Spielzeugtrucks, Gebrauchsdosen …) mit Kultstatus aufzuladen. Ganze Sammlerbörsen und -clubs haben sich in fast allen Ländern der Welt formiert und tauschen auch heute noch eifrig „Kultobjekte“ aus. Doch vor allem in der Film- und Unterhaltungsbranche hat sich seit den späten 70er Jahren mit dem Vertrieb von (günstigen) Merchandisingsartikeln bzw. Fanartikeln ein eigener Verkaufs- bzw. Unternehmenszweig etabliert.
Star Wars gilt als erster Film, der bewusst die Marketingstrategie des Merchandisings einsetzt und damit mehr Umsatz als mit den Filmeinnahmen erzielt. 1977 verzichtet George Lucas gänzlich auf die Gage für seinen ersten Star-Wars-Films, um sich stattdessen die Rechte für eine geplante Merchandising-Produktion zu sichern – eine weise Entscheidung, „denn schon bald soll sich das, was man bisher als ‚Nebengeschäft‘ betrachtet hat, als weit profitabler erweisen als das Filmbusiness selbst“ (Knigge 2002: o.S.). (* 14 ) 7,5 Milliarden Dollar sind alleine bis 2002 durch des Star Wars-Merchandising umgesetzt worden. So gibt es heute kaum ein Produkt, das nicht im Star Wars-Design erhältlich ist: Neben den klassischen Actionfiguren (inkl. Magazinen mit den passenden Geschichten und Hintergrundinformationen) gibt es Bettzeug, Laserschwerter mit integrierten Neonröhren und echtem Klingenkreuzersound, Star Wars-Computerspiele, Star Wars-Lego-Spielzeug und Computerspiele sowie Hundefutter und Frühstücksflocken.
Bereits zu Filmstart von „Krieg der Sterne“ (1977) wurden gemeinsam mit dem US-Spielzeugproduzent Kenner Actionfiguren zum Verkauf angeboten, die jedoch nach kürzester Zeit – und zum Weihnachtsgeschäft – die Nachfrage nicht mehr decken konnten. Daher schickte Kenner den Spielwarenläden Pappdisplays mit Bestellformularen, die als Optionsscheine dienten: Die Fans durften diesen Zettel ausfüllen und bekamen statt des Spielzeugs eine Kaufoption auf die gewünschte Figur zugesichert. Diese „aus der Not geborene Kenner-Aktion fachte die Star-Wars-Manie noch weiter an und gilt heute als einer der dreistesten Marketingcoups aller Zeiten“ (Hillenbrand 2005: o.S.). (* 15 ) Gab es zu den drei ersten Episoden insgesamt 103 verschiedene Action-Figuren, die als Merchandisingartikel angeboten wurden, waren zum Start von „Episode 3“(2005) 45.454 offiziell lizenzierte Star Wars-Produkte erhältlich. Dabei zieht der Erfolg der Merchandising-Maschinerie weite – und einnahmensstarke – Kreise: So zahlt eine Fastfood-Kette „astronomische Summen“ für die Nutzungsrechte an den Star Wars-Figuren und Pepsi-Cola war es 2,5 Milliarden Dollar wert, „Luke Skywalker und Darth Vader weltweit auf seinen Softdrink-Dosen drucken“ zu dürfen. (Knigge 2002: o.S.) (* 14 )
… und ihre Parameter in Kunst und Marketing
Bei Beuys zeichnet sich das Multiple dadurch aus, dass es in erhöhter – wenn auch limitierter (siehe dazu: das Prinzip der Exklusivität) – Auflage produziert und seriell hergestellt wird. So wird der Kreis potentieller KunstrezipientInnen und KunstkäuferInnen massiv erweitert. Mit dem Erwerb wurde nicht nur ideell sondern auch materiell Anteil an einem weitaus größeren Werk bzw. Gedanken (wie z.B. einer Auffassung von Kunst) genommen. Beuys erkannte darüber hinaus jedoch (wohl als Erster der Kunstgeschichte bzw. dem Zeitgeist entsprechend), dass der Reiz am Erwerb eines Auflagenobjektes vor allem auch darin besteht, dass das Multiple für sich ebenso einen Wert für den/die KäuferIn bzw. KunstliebhaberIn darstellen muss, um so dem – am Kunstmarkt auch nach und trotz und mit Duchamp noch immer gängigen – Wunsch nach Originalität gerecht zu werden. In seiner steten Betonung, dass das Multiple „als eigenständiges Kunstwerk“ (Schellmann 1997: 24) (* 12 ) aufzufassen sei, dieses aber gleichzeitig mit einer übergeordneten Botschaft an der gedanklichen Anteilnahme an seinen gesellschaftlich-künstlerischen Auffassungen verknüpft war, wurde Beuys trotz serieller Herstellung dem Wunsch nach Originalität gerecht. Das Multiple fußt dabei in Format und Funktionsweise auf einem Kunstverständnis, das auf die Zirkulation von Ideen setzt, bzw. das als gesellschaftlich-politische Auffassung verdeutlicht werden soll.
Analog zum Multiple, das eine Verbindung zu Beuys‘ Kunst schafft, wird ein Werbe-/Merchandisingartikel eingesetzt, um einen „optimalerweise dauerhaften Kontakt des Empfängers zur aufgedruckten Werbebotschaft beziehungsweise zu der dahinter stehenden Marke“ (Wikipedia 2008: o.S.) – und zu dem jeweiligen Unternehmen – herzustellen: Die Bindung zum Kunden (wie auch zum Kunstfreund) wird erhöht, die Bekanntheit der beworbenen Marke wird über eine massenhafte Verbreitung gesteigert. Wenn das Merchandising zusätzlich als eigenständiges Produkt funktioniert und es diesem Kult- bzw. Sammlerstatus erlangt, dann bekommt die damit verbundene Marke einen Mehrwert, der vor allem auf die Emotionalisierung durch das Merchandising zurückzuführen ist.
Siglinde Lang ( 2013): Marktstrategie: Kunst!. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 03 , https://www.p-art-icipate.net/marktstrategiekunst/