„Man muss mit einer großen Leidenschaft und einem gewissen Sendungsbewusstsein arbeiten.“

Elisabeth Schneider im Gespräch mit Persson Perry Baumgartinger über regionale Kulturarbeit in Radstadt, Land Salzburg

Was würdest du beispielsweise vom Land Salzburg, der Stadt Radstadt oder den Leuten, die für dich Ansprechpartner_innen sind, konkret fordern oder was würdest du brauchen? Was wäre eine konkrete Maßnahme, die eure Arbeit unterstützen würde?

Da brauchen wir gar nicht lange herumreden. Es ist immer das Geld. Immer.

Also, dass man das Geld sozusagen inhaltlich bindet?

Wobei das mit der inhaltlichen Bindung wieder schwierig ist. Ich kann nicht sagen: „Das ist der Topf, mit dem wir nur Vorträge, Diskussionen oder irgendetwas Spezielles machen.“ Ich finde aber dieses permanent Genreübergreifende so wichtig, das bei uns am Land eigentlich ohnehin Alltag ist. Wie gesagt, kann ich mich nicht nur auf den Literaturinteressierten konzentrieren. Ich muss schauen, dass die Leute alles interessiert, dass sie film-, musik- und literaturinteressiert sind. Generell glaube ich, dass eine finanziell gut dotierte Kulturarbeit des Landes eine Investition dahingehend ist, dass diese aufgeklärte Gesellschaft am Land nicht verschwindet und sich noch mehr in der Stadt konzentriert, sodass wir wie ein paar Exoten dastehen und Programme anbieten, die nur noch eine Handvoll Menschen interessieren. Ich finde es extrem wichtig, dass man das Gefühl hat, mit diesen Programmen etwas auszurichten: wie gefallener Regen am Boden, der sich ausbreitet und einsickert und man soll sehen, dass es saugt.

Das heißt eine Art politische Rückenstärkung auf der einen und finanzielle Mittel auf der anderen Seite? Wenn man finanzielle Mittel hat, die Kulturarbeit fördern, dann kann das eigentlich alles sein, auch der Krampusverein, der dann Geld bekommt?

Ja. Im Gemeindebudget heißt diese Position Kunst, Kultur und Kultus. In diesem Topf ist auch enthalten, was die katholische und evangelische Kirche bekommt. Es ist eben so am Land. Das geht von Kultur- bis zur Vereinsförderung. Ich habe grundsätzlich ein gutes Gefühl, was die Kulturförderung betrifft und wir bekommen auch viel Wertschätzung. Dennoch muss man einen langen Atem haben. Nach 18 Jahren im Besenkammerl habe ich nun seit Jänner ein schönes Büro, das sich zufällig ergeben hat. Vorher war es das Büro des Kapellmeisters, der einmal pro Woche für die Musikprobe gekommen ist. Das ist sozusagen eine Beschreibung von Wertigkeiten. Sicherlich ist die Blasmusik wichtig, keine Frage. Sie gehört zur Identität einer Stadt. Aber man muss eben lange warten und auf glückliche Fügungen hoffen. Man muss mit einer großen Leidenschaft, viel Begeisterung und auch einem gewissen Sendungsbewusstsein arbeiten.

Also man braucht wirklich Durchhaltevermögen und Standhaftigkeit.

Ja. Ich finde es wichtig, dass diese Strukturen, die wir über 20, 25 Jahre aufgebaut haben, so weit gestärkt werden, dass sie erhalten bleiben, wenn ich es nicht mehr mache. Wenn man auf das Land schaut, sind alle in meinem Alter oder älter. Es müssen Voraussetzungen geschaffen werden, damit man diesen großartigen Arbeitsplatz auch bewerben kann. Das ist ein unglaublich schöner Arbeitsbereich. Mit diesem Einsatz, mit dem wir das aufgebaut haben und wie wir das jetzt machen, wird sich kaum wer finden, der das weitermacht. Außer es infiziert sich irgendwer. Möglich.

Ist dein Arbeitsplatz langfristig gesichert oder müsst ihr die Finanzierung projektbezogen jedes Mal neu einreichen?

Es ist eigentlich relativ gut abgesichert. Man weiß aber natürlich nie. Unser Bürgermeister etwa beabsichtigt aufzuhören. Das erfüllt mich mit einer gewissen Sorge, weil er uns starken Rückhalt gibt – eine ganz wichtige Voraussetzung für uns. Es macht keinen Sinn, wenn man sozusagen einzelkämpferisch arbeitet. Die Gemeinde hat auch viel Geld in die Hand genommen und das hängt eben stark vom Verhältnis zum Bürgermeister ab. Wenn er Kulturarbeit als wichtig und notwendig für den Ort erachtet, dann steht er dahinter und kümmert sich auch um die entsprechende finanzielle Ausstattung. Sollte er das aber für überflüssig halten, dann kommt etwas anderes rein. Daher hat eine bestimmte Öffentlichkeit für uns einen unglaublichen Wert. Wenn wir eine gute mediale Präsenz haben, dann ist das wieder so wie mit dem Regen, der überall hin sickert. Dann wissen viele Menschen, was wir machen, auch wenn sie es nicht in Anspruch nehmen. Sie wissen, dass im Zeughaus diese und jene Veranstaltung stattfindet. Sie lesen in der Zeitung davon und sehen es im Fernsehen. Das hat dann eine andere Bedeutung für den Ort, als wenn man im stillen Kämmerlein heimlich spannende Programme macht.

Persson Perry Baumgartinger, Elisabeth Schneider ( 2019): „Man muss mit einer großen Leidenschaft und einem gewissen Sendungsbewusstsein arbeiten.“. Elisabeth Schneider im Gespräch mit Persson Perry Baumgartinger über regionale Kulturarbeit in Radstadt, Land Salzburg. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/man-muss-mit-einer-grossen-leidenschaft-und-einem-gewissen-sendungsbewusstsein-arbeiten/