„Man muss mit einer großen Leidenschaft und einem gewissen Sendungsbewusstsein arbeiten.“

Elisabeth Schneider im Gespräch mit Persson Perry Baumgartinger über regionale Kulturarbeit in Radstadt, Land Salzburg

Das klingt nach einem mit der Zeit entstehenden Netzwerk …

Genau. Da gibt es auch immer einen Austausch unter den Einrichtungen. Alle freuen sich schon, dass man sich im November in Radstadt wieder trifft. Es ist praktisch ein großer Ausflug.

Erlebst du dann auch, dass die Bewohner_innen der Einrichtungen in weitere Filme gehen oder bleibt es bei diesem einen Donnerstag?

Das ergibt sich ganz automatisch. Wir haben unten im Foyer eine kleine Bar und bei all unseren Veranstaltungen, außer bei den großen, wird die Bar von der Lebenshilfe betrieben. Wir haben eine Kooperation, im Rahmen derer sie jeden Mittwoch bei jeder Veranstaltung die Bardienste machen. Wenn ihnen das Veranstaltungsangebot passt, dann nutzen sie es nach ihrem Dienst. Über diese 20 Jahre hindurch, in denen die Lebenshilfe unsere Bar betreibt, hat das eine Normalität bekommen, auch wenn das Haus nicht barrierefrei ist.

Gibt es etwas, das du noch hinzufügen willst?

Eines finde ich noch ganz interessant. Obwohl wir dieses Haus als fixen Standort haben, der uns auch viele Vorteile bietet und eine hohe Qualität in Bezug auf Publikumsbindung hat, finde ich es wichtig, dass wir mit dem, was wir machen, auch immer im öffentlichen Raum sind. Ich kann mich nicht darauf beschränken, dass ich immer sprichwörtlich nur im Turm sitze und darauf warte, dass jemand kommt. Es ist mir ganz wichtig, dass wir immer wieder Projekte und Veranstaltungen im öffentlichen Raum anbieten. So werden wir Teil der Alltagskultur. Die Windräder, die draußen hängen, sind eine Installation zum 20-Jahr-Jubiläum des Zeughauses. Wenn ich im Büro sitze, das Fenster geöffnet habe und unten Leute vorbeigehen, höre ich ihre Kommentare. Da merke ich, dass die Installation gute Stimmung verbreitet.

Kannst du weitere Beispiele von Projekten im öffentlichen Raum geben?

Ja, ein Beispiel, das zwar nichts Neues ist, womit wir aber ziemlich früh dran waren: Wir haben seit zehn Jahren am Stadtplatz eine alte Telefonzelle, die mit Regalen ausgestattet ist. Das ist sozusagen unser öffentlicher Bücherschrank, der gut betreut und gewartet wird. Damit muss man schon ziemlich konsequent sein. Ein Kollege von mir registriert immer alles. Wir haben bereits über 9000 Bücher in Umlauf gebracht. Das ist beachtlich, wie ich finde. Es werden alle Bücher beklebt und registriert. Ich denke, wir leisten damit auch einen Beitrag zur kulturellen Bildung.

Was mir auch ganz wichtig ist: das Miteinbeziehen der Schulen und Kindergärten. Das Zeughaus am Turm ist eine infrastrukturelle und kulturelle Einrichtung der Stadt, die die Kinder kennenlernen sollen. Sie sollen wissen, dass es dort ein Kindertheater und ein Kinderkino gibt. Kino ist nicht automatisch mit McDonald‘s und Cineplexx verbunden, sondern in Radstadt ist das Kino auch im Turm. Damit haben wir Arbeit ohne Ende, weil man das immer wieder kommunizieren muss. Für unsere Lehrerinnen und Lehrer ist es manchmal leichter, irgendwelche Angebote anzunehmen, wo man mit dem Bus hinfahren muss. Es ist eine Knochenarbeit zu vermitteln, dass wir hier ein Angebot haben, das sie mit den Kindern nutzen können. Sie können sogar zu Fuß hierherkommen.

Es hat auch etwas mit kultureller Identität zu tun, wenn ich als Schulkind erfahre, dass es in Radstadt ein Kino gibt. Als ich noch Kind war, gab es in Radstadt noch ein Kino, dessen letzte Jahre ich noch miterlebt habe. Es wurden zwar meistens Filme gespielt, die nicht jugendfrei waren und wir durften sowieso nicht rein. Trotzdem gab es das Kino noch. 42 Jahre später haben wir wieder ein Kino. Ich finde es extrem wichtig, dass die Kinder das wissen, es kennenlernen, erfahren und nutzen können.

Danke für das Interview!

Persson Perry Baumgartinger, Elisabeth Schneider ( 2019): „Man muss mit einer großen Leidenschaft und einem gewissen Sendungsbewusstsein arbeiten.“. Elisabeth Schneider im Gespräch mit Persson Perry Baumgartinger über regionale Kulturarbeit in Radstadt, Land Salzburg. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/man-muss-mit-einer-grossen-leidenschaft-und-einem-gewissen-sendungsbewusstsein-arbeiten/