„Enter now“: Digitalisierung, virtuelle Kunst und Partizipation

David Röthler im Gespräch mit Dilara Akarçeşme

Kannst du uns ein Beispiel eines gelungenen Versuchs von kultureller Teilhabe aus deiner Praxis nennen?

Wir hatten zum Beispiel ein Projekt zu kultureller Bildung, im Rahmen dessen ein simultaner Besuch von jeweils einer Kirche in Wien und in Köln mit dem gleichen Baustil stattfand. Es gab zwar eine Führung und einen Input, aber gleich im Anschluss daran passierte sehr viel Austausch, der gut funktionierte. Natürlich hatten nicht alle die gleiche Rolle, aber das passiert offline auch nicht.  Formate wie dieses bieten jedenfalls das Potenzial, weitergedacht und weiterentwickelt zu werden.

 

Wie sah die technische Ausstattung dieses Projektes aus?

Die beiden Kulturvermittlerinnen waren jeweils mit einem Smartphone ausgestattet, bewegten sich durch die Bauten und waren live mit einer Reihe von Interessierten verbunden. Diese haben zugeschaut, Fragen gestellt und sind natürlich auch von den Kulturvermittlerinnen gefragt worden, was sie von verschiedenen Dingen halten. Durch diese Fragen wurden die Teilnehmenden, etwa 25 bis 30 Personen, auch ein bisschen geleitet.

 

Gibt es ähnliche Beispiele aus Salzburg?

Ja, eine Führung fand gleichzeitig in der Galerie 5020 in Salzburg und im Kunsthistorischen Museum in Wien statt. Zwei Kolleginnen führten durch die jeweilige Ausstellung und stellten Fragen an die Teilnehmenden. Ein Künstler nahm daran sogar während einer Autofahrt teil. Gleichzeitig wurde das Ganze auf Facebook gestreamt. Das heißt, man konnte auch über Facebook einsteigen und sich dort beteiligen, was noch einmal eine Öffnung darstellte. Wenn man sich hineinklickte, war man dabei.

Ein anderes Mal hatten wir im Domquartier im Rahmen der Langen Nacht der Museen einen Rundgang per Videokonferenz-App Zoom, wo über die aktuelle Ausstellung gesprochen wurde. Die Hauptproblematik bei solchen Veranstaltungen ist, dass Teilnehmende noch Schwierigkeiten mit dem Format haben. Wenn man sich traditionell mit Medien beschäftigt, ist die eigene Medienerfahrung eher passiv geprägt, wie man es etwa vom Fernsehen kennt. Das Aktivste, was viele Menschen mit Medien tun, ist das Telefonieren oder das Schreiben von E-Mails. Wenn dann eine Kamera aufgebaut wird, denken sie, dass sie erzählen müssen und haben den Eindruck, sie seien nun im Fernsehen oder im Radio. Es ist sehr schwer zu vermitteln, dass das eigentliche Konzept hinter diesen Formaten ein anderes ist, nämlich Interaktion und Partizipation zu ermöglichen.

 

Museumsrundgang per Videokonferenz-App Zoom

 

Macht es Sinn, solche Zusammenkünfte aufzuzeichnen und online verfügbar zu machen?

Darüber kann man streiten. Einerseits schafft eine Aufzeichnung Zugänglichkeit und kann Lust machen, teilzunehmen. Andererseits kann sie auch das freie Sprechen hemmen. Ein geschützter Raum kann insofern ein Vorteil für die Teilnehmenden sein, als dass die Hemmschwelle, sich zu beteiligen nicht so hoch ist.  In dem genannten Projekt ging es zwar um kulturelle Bildung, aber mit Programmen, wie etwa Zoom, kann auch kulturelle Produktion gemacht werden. Man kann zum Beispiel dazu auffordern, Musik oder Schauspiel zu machen, zu tanzen oder etwas zu lesen. Man kann sogar kollektiv an einer virtuellen Leinwand malen. Es gibt großartige Tools, mit denen man dreidimensional malen kann.

 

Dilara Akarçeşme, David Röthler ( 2020): „Enter now“: Digitalisierung, virtuelle Kunst und Partizipation. David Röthler im Gespräch mit Dilara Akarçeşme. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 11 , https://www.p-art-icipate.net/enter-now/