„Alle arbeiten alleine an gleichen Problemstellungen dahin“

Diana Schmiderer im Gespräch mit Dilara Akarcesme über LEADER Saalachtal und die Rolle der Vernetzung in der ländlichen Kunst- und Kulturarbeit.

LEADER steht für „Liaison Entre Actions de Développement de l’Économie Rurale*1 *(1) und ist ein Programm der Europäischen Union, in dessen Rahmen seit 1991 Projekte zur Entwicklung unterschiedlicher Bereiche in ländlichen Räumen gefördert werden. Diana Schmiderer ist in der Salzburger Region LEADER Saalachtal für den Bereich der Kultur-, Bildungs- und Sozialprojekte zuständig und spricht über ihre Erfahrungen in der Region sowie über Potenziale und Herausforderungen des LEADER-Programms.*2 *(2)

 

Was ist LEADER Saalachtal und wie setzen Sie in Ihren Projekten kulturelle Teilhabe um?

LEADER Saalachtal ist ein EU-Projekt für ländliche Entwicklung, wobei die Fördergelder zum Teil auch vom österreichischen Bund sowie vom Land Salzburg stammen. In Salzburg gibt es einige LEADER-Regionen. Das Saalachtal ist eine von zwei geförderten Regionen im Pinzgau. Die Region von Zell am See Richtung Oberpinzgau bildet die LEADER-Region Nationalpark Hohe Tauern. Im Pinzgau haben wir das Glück, dass LEADER schon sehr etabliert ist. Projekttreibende kommen von selbst auf uns zu, was in anderen Regionen nicht so selbstverständlich ist.

Für jede Region wird in einem gemeinsamen Prozess mit lokalen Akteur*innen eine Strategie entwickelt. Diese wird eingereicht, woraufhin man eine Genehmigung für die nächste Förderperiode erhält. Aktuell befinden wir uns in der Periode 2014-2020 und haben Projekte in den drei Arbeitsfeldern „Erhöhung der Wertschöpfung“, „Natürliche Ressourcen und kulturelles Erbe“ und „Gemeinwohl, Strukturen und Funktionen“. Im Rahmen dessen betreue ich als eine von drei Mitarbeiter*innen vor allem Kultur-, Bildungs- und Sozialprojekte. Obwohl wir für nicht-wertschöpfende Projekte in diesem Bereich einen 80-prozentigen Fördersatz haben, ist es schwierig, da die restlichen 20 Prozent selbst zu finanzieren sind. Zudem muss die gesamte Summe vorfinanziert werden und wird erst im Nachhinein abgerechnet. Das ist für viele kleine Projektträger eine große Hürde.

Umso schöner ist es, dass wir in dieser Periode wirklich viele tolle Projekte haben. Wir haben zum Beispiel ein kleines Radioprojekt, das gemeinsam von einer Schule, der HBLW Saalfelden, dem Bildungszentrum Saalfelden, Akzente und dem Kunsthaus Nexus durchgeführt wird. Es wurde Radioequipment angekauft, sodass nun Radio gemacht und im Zuge dessen über andere kulturelle Projekte berichtet werden kann. Das Radio nennt sich Wos sogga? Radio Pinzgau und wird über das Freie Radio Salzburg, die Radiofabrik, gestreamt. Daraus hat sich mittlerweile sogar ein kleines, feines Außenstudio der Radiofabrik im Pinzgau entwickelt.

Das ist in gewisser Hinsicht eine Ausnahme, denn klassische LEADER-Projekte sehen anders aus. Oft sind es touristische Projekte im Bereich der Infrastruktur, da wir in der Region sehr tourismusstarke Gemeinden wie Saalbach-Hinterglemm oder Maria Alm haben. Bei Infrastrukturprojekten handelt es sich auch um ganz andere Summen, die zur Verfügung stehen. Während wir bei dem kleinen Radioprojekt zum Beispiel von ca. 5.000 Euro sprechen, geht es bei Infrastrukturprojekten um Beträge wie etwa 150.000 Euro. Ein Beispiel für ein solches Projekt ist der Motorikweg in Saalbach. Nichtsdestotrotz tut sich viel und wir haben auch im Kulturbereich ein Projekt, das ungewöhnlicherweise mehr Mittel zur Verfügung hat, und zwar Querbeet. Hier geht es um „Soft-Skill- Themen“ wie kulturelle Vielfalt und Bildung. Querbeet hat eine Personalstelle mit 30 Stunden und im zweiten Jahr zusätzliche 15 Stunden für die Koordination vor Ort. Wir sind gerade dabei, das Projekt abzurechnen und sehen, dass es für jedes Jahr einen vollen Ordner mit unzähligen Veranstaltungsankündigungen und Pressemeldungen dazu gibt. Da sieht man, was möglich ist, wenn eine bezahlte Personalstelle vorhanden ist. Querbeet ist eines unserer Vorzeigeprojekte.*3 *(3)

Zu Deutsch: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft

Das Gespräch wurde bereits Februar 2019 geführt.

Querbeet läuft mittlerweile ohne LEADER-Förderung mit Unterstützung des Salzburger Bildungswerks, des Landes Salzburg und der Gemeinden weiter und wird derzeit von Sabine Hauser (Obfrau des Kulturvereins Binoggl) geleitet.

Dilara Akarçeşme, Diana Schmiderer ( 2020): „Alle arbeiten alleine an gleichen Problemstellungen dahin“. Diana Schmiderer im Gespräch mit Dilara Akarcesme über LEADER Saalachtal und die Rolle der Vernetzung in der ländlichen Kunst- und Kulturarbeit. . In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 11 , https://www.p-art-icipate.net/leader-saalachtal/