Partizipation ist einer der zentralen Schlüsselbegriffe in zeitgenössischer Kunst und Kulturproduktion und umfasst eine Vielzahl an Konzepten wie Teilhabe, Teilnahme, Mitbestimmung oder Mitwirkung. Eine Möglichkeit des gesellschaftlichen Eingreifens, Mitredens und Mitgestaltens sowie der Kritik bieten dabei intervenierende künstlerische Praktiken und partizipative Kulturen. Partizipative Kulturen stehen in einem engen Zusammenhang mit der Geschichte und Entwicklung von Do-It-Yourself-(DIY-)Kulturen, die mit vielfältigen künstlerischen, kulturellen und medialen Strategien arbeiten. Theorien zu partizipativen Kulturen wurden interdisziplinär in den Cultural Studies, den Medienwissenschaften, der Medienpädagogik, den Gender Studies, der Politikwissenschaft, der Kunstgeschichte und der Sozialen Bewegungsforschung ausgearbeitet. Ein besonderer Schwerpunkt wurde dabei auf Fan-Kultur (engl. ‚fandom‘), Populärkultur, alternative Medienproduktion, Online-Medien und -Communities sowie pädagogische Implikationen gelegt.*1 *(1)
Abgeleitet aus der englischen Bezeichnung ‚participatory culture‘ bezeichnet der Begriff eine aktive Beteiligung von Menschen an kultureller und medialer Produktion, die sie selbstbestimmt gestalten, veröffentlichen und verbreiten. Zugleich zeigen die Beteiligten zivilgesellschaftliches Engagement, werden aktiver Teil von Netzwerken und Communities und geben über informelles Mentoring Wissen weiter (vgl. Jenkins et al. 2009). (*39) Der Begriff der partizipativen Kultur ist eng mit dem amerikanischen Medienwissenschaftler Henry Jenkins verbunden. Jenkins und seine Arbeitsgruppe argumentieren, dass durch die Verbreitung des Internets, neuer Medientechnologie, interaktiver Plattformen und nutzer_innengenerierter Netzwerke Demokratie und Partizipation gestärkt werden: Es sei jetzt – in der Verbindung von ‚alten‘ und ‚neuen‘ Medien – für das durchschnittliche, allgemeine Publikum (oder Konsument_innen) möglich, aktiv an (Medien-)Kulturen teilzuhaben (vgl. Jenkins 2006a und 2006b).
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(*34) Dies löste vielfältige Diskussionen rund um ein aktives Publikum, Peer-to-Peer-Produktion, Co-Creation, ‚prosumers‘, ‚produsage‘ und ‚prosumption‘ aus. Manchmal wird der Begriff der partizipativen Kultur in Verbindung mit den Begriffen „kulturelle Partizipation“ („cultural participation“) und „Kulturen der Partizipation“ („cultures of participation“) verwendet (vgl. della Porta/Mattoni 2013).
(*16) Der Begriff des DIY wurde in Zeiten des Neoliberalismus und Kapitalismus – und insbesondere seit Beginn des 21. Jahrhunderts – stark von der Werbung vereinnahmt und kommerzialisiert. Oftmals findet eine Aneignung kultureller emanzipatorischer Praktiken statt, wobei DIY-Praktiken verwendet, diese jedoch komplett dekontextualisiert und entpolitisiert werden.
Ziel dieses Beitrags ist es, einen kursorischen Überblick über das Konzept der partizipativen Kulturen im Kontext von DIY zu geben und sie als informelle Lernorte, an denen Wissen und Erfahrung Peer-to-Peer weitergegeben und ausgetauscht werden, zu fassen. Ich stelle zu Beginn den Kontext der DIY-Kulturen und die geschichtliche und theoretische Entwicklung sowie Kritik am Konzept vor, anschließend erläutere ich Konzepte des informellen Lernens. Ein Fokus liegt dabei auf queer-feministischen kulturellen und medialen – weniger jedoch auf künstlerischen – Beispielen als kritische Praktiken. Herausstreichen möchte ich, dass partizipative und DIY-Kulturen in vielschichtige geschichtliche Entwicklungen eingebettet sind und in ihren Ausprägungen, Inhalten, Formen und Kontexten sowie in Hinblick auf die produzierenden Menschen und deren Motivationen und Ziele außerordentlich heterogen sind. Sie stehen in vielen Bezügen zu sozialen, künstlerischen und politischen Bewegungen. Aufgrund dieser vielfältigen Ausprägungen spreche ich von ‚partizipativen Kulturen‘ und ‚DIY-Kulturen‘ im Plural.