Die Gruppe der Kulturschaffenden zeichnete ein ähnliches Bild von der Salzburger Kulturlandschaft, wobei hier die Skepsis gegenüber dem ‚Hochkultur‘-Sektor noch deutlicher spürbar war. Etwa ein Viertel betrachtete die Salzburger Festspiele als das die Kulturszene dominierende Event. Zwei der Kulturschaffenden führten die wahrgenommene Verteilungsungerechtigkeit außerdem auf fehlende Neutralität bei der Vergabe von Mitteln und „Freunderlwirtschaft“ zurück. Nur vier Befragte dieser Gruppe äußerten sich positiv oder teilweise positiv gegenüber dem Ist-Zustand der Salzburger Kulturlandschaft. Honoriert wurde, dass es prinzipiell Förderungen auch für nicht-klassische Betriebe gebe (eine Nennung) und ein Bemühen erkennbar sei, das kulturelle Angebot so interessant wie möglich für die Bevölkerung zu gestalten (eine Nennung). Grundsätzlich könne hier jede*r seine*ihre Nische finden, die Unzufriedenheit sei „Jammern auf hohem Niveau“ und die betriebene Kulturpolitik prinzipiell gut (zwei Nennungen).
Kritisch angemerkt wurde, dass die Salzburger Kulturpolitik den Wert von Kunst und Kultur häufig an für diesen Sektor unpassenden Größen festmache (vier Nennungen): an der ökonomischen Rentabilität von Kulturunternehmungen, absoluten Publikumszahlen sowie einer Eignung als Prestigeprojekt. Es fehle an einem Raum, in dem sich Kunst und Kultur ohne Zielvorgaben und Leistungsdruck entwickeln können (eine Nennung).
Gewünscht wurde, dass Entscheidungsträger*innen mehr Mut zeigten, um in der eher konservativen und wenig progressiven Salzburger Kulturlandschaft neue Wege zu beschreiten – u.a. durch mehr partizipative Projekte (eine Nennung). Dazu müsste auch einmal etwas ausprobiert werden und Unsicherheit in Kauf genommen werden (eine Nennung). Einen Ausweg sahen zwei Personen in einem Umdenken in der Salzburger Kulturpolitik und besseren Rahmenbedingungen. Ideelle und finanzielle Strukturen sollten dahingehend verändert werden, dass Kunst- und Kulturschaffenden personen- und rentabilitätsunabhängig wirken könnten.
Die von den befragten Kunst- und Kulturschaffenden geäußerte große Skepsis in Bezug auf die Salzburger ‚Hochkultur‘ mag darauf zurückzuführen sein, dass diese selbst keine ‚Hochkultur‘-Nutzer*innen waren und hauptsächlich aus einem studentischen Umfeld sowie der freien Szene stammten. Sie sprachen womöglich vor dem Hintergrund eigener abgelehnter Förderanträge oder mit dem Wissen um die Budgetverteilung im Salzburger Kulturhaushalt.*4 *(4) Ferner mag das Außenbild Salzburgs als Mozart- und Festspielhochburg das Gefühl evozieren, dass die Salzburger Kulturpolitik ihre Aufmerksamkeit vor allem prestigeträchtigen Kulturunternehmungen zuwendet.
Insgesamt ist aus den Aussagen der Kulturakteur*innen sowie der befragten Passant*innen herauszulesen, dass die Salzburger Kulturszene als kulturelle Landschaft wahrgenommen wird, die aus zwei Kreisen besteht: Zum einen dem etablierten und finanziell geförderten Kulturangebot (Klassik-Betrieb/Salzburger Landestheater/Salzburger Festspiele) und zum anderen der freien Szene, welche marginalisiert wird. Allerdings scheint diese sich in einer Art Co-Abhängigkeit zu der etablieren Szene zu befinden, denn in vielen der Aussagen wurden kulturelle Angebote für die Jugend oder der freien Szene nicht als selbstständiges, ergänzendes Angebot dargestellt, sondern als Gegenpol zu Ersterer.*5 *(5)
4. Empfehlungen für künftige Kulturentwicklungspläne
Basierend auf den oben dargestellten Ergebnissen der Befragung und den Diskussionen in der Lehrveranstaltung geben wir im Folgenden Anregungen und Empfehlungen für mögliche zukünftige Überarbeitungen des KEP, für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit und für potenzielle weitere Ausarbeitungen von anderen Kulturentwicklungsplänen.
Bekanntheitsgrad
Bereits zu Beginn der Auseinandersetzung mit dem KEP in der oben genannten Lehrveranstaltung war bezeichnend, dass keine*r der Kursteilnehmer*innen diesen kannte. Generell war keinem*keiner Studierenden bewusst, dass es überhaupt so etwas wie Kulturentwicklungspläne in Städten und Bundesländern gibt. Im Zuge von Recherchen und einer (nicht repräsentativen) Stichprobenerhebung zeigte sich, dass der Kulturentwicklungsplan des Landes Salzburg sowohl in Teilen der Bevölkerung als auch unter Kunst- und Kulturschaffenden kaum bzw. gar nicht bekannt ist. Dies ist umso erstaunlicher, als er in einem aufwändigen zweijährigen partizipativen Prozess unter Mitwirkung von 600 Teilnehmer*innen, einem Projektteam, einer Steuerungsgruppe und der Durchführung von neun Workshops erarbeitet wurde (vgl. Land Salzburg 2018: 5; 44 ff.). (*3)
Patrizia Bieber, Anita Bruckschlögl, Martina Fladerer, Magdalena Fuchs, Marie-Theres Ivanov ( 2019): Nachgefragt: Wie steht es um den Kulturentwicklungsplan des Landes Salzburg?. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 10 , https://www.p-art-icipate.net/nachgefragt-wie-steht-es-um-den-kulturentwicklungsplan-des-landes-salzburg/