Kulturarbeit in der ‚Migrationsgesellschaft‘
Ungleichheiten im Kulturbetrieb und Ansatzpunkte für eine kritische Neuausrichtung*1 *(1)
Das Konzept der ‚Migrationsgesellschaft‘ als kritische Perspektive auf Ungleichheiten
In den letzten Jahren bildeten sich kontinuierlich Perspektiven heraus, die Migrationsforschung als „offenes Projekt der Kritik“ (Mecheril et al. 2013: 41) (*40) verstehen (vgl. u.a. Website Forschungsgruppe [KriMi]; Website Kritnet). (*70) (*71) Einen kritischen Ansatz vertritt etwa die maßgeblich im Kulturbereich – und zwar vor allem in dem transdisziplinären Projekt Migration*8 *(8) – entwickelte ‚Perspektive der Migration‘. Darunter ist nicht (primär) die Sichtweise einzelner Migrant_innen zu verstehen, sondern vielmehr eine (Forschungs-)Haltung, die mit gängigen Diskursen und Bebilderungen von Migration bricht und „Migration als conditio humana, als eine totale soziale Tatsache und als gesellschaftsverändernde Kraft epistemologisch und methodologisch aufgreift“ (Hess 2013: 118, Herv.i.O.). (*21) Migration wird dabei als Bewegung verstanden, die nationalstaatlich fundierte Konzeptionen (wie Staatsbürgerschaft) herausfordert, sowie als eine widerständige, bis zu einem gewissen Grad autonome Praxis, die von selbstbestimmt handelnden Subjekten getragen und nur begrenzt steuer- und regierbar ist (vgl. Mezzadra 2005; Bojadžijev/Karakayali 2007). (*41) (*8) Unter dieser Perspektive wird beispielsweise das Potenzial des ‚Sommers der Migration‘ als fundamentale Kritik an Grenzregimen und als ein temporäres Aussetzen und Überwinden dieser analysiert (vgl. Hess et al. 2016). (*22)
Die gesellschaftsbildende und -verändernde Kraft von Migration steht auch im Zentrum des Konzepts der ‚Migrationsgesellschaft‘, wie es insbesondere im erziehungswissenschaftlichen Kontext geprägt und vom Bildungs- und Migrationsforscher Paul Mecheril in Hinblick auf die Rolle von Bildungsprozessen und -institutionen grundlegend theoretisiert wurde. Migration präge unsere soziale Realität auf spezifische Art und in einem derart entscheidenden Ausmaß – so die Grundannahme –, dass der Begriff der „Migrationsgesellschaft“ die adäquate Bezeichnung für die gegenwärtige Gesellschaft sei (vgl. Broden/Mecheril 2007: 7). (*10) Der davon abzugrenzende häufig verwendete Begriff „Einwanderungsgesellschaft“ greife insofern zu kurz, als er auf den Nationalstaat als Container sowie damit zusammenhängende Einwanderungsphänomene referenziert und dabei eine Reihe zentraler Aspekte von Migration (wie etwa Mehrfach-Zugehörigkeiten, transnationale Lebenswelten etc.) ausgeblendet bleiben (vgl. ebd.).
Die Perspektive der ‚Migrationsgesellschaft‘ blickt auf die Gesellschaft als Ganzes – und nicht auf imaginierte Gruppen oder einzelne Migrant_innen – und auf ein breites Spektrum von Wanderungsphänomenen sowie migrationsgesellschaftlichen Veränderungen. Dazu zählen beispielsweise neue (Selbst-)Verortungen und Handlungsformen, hybride transnationale Identitäten und Räume, Konstruktionen von Fremdheit, rassistische Prozesse und Strukturen, soziale Ein- und Ausgrenzung sowie realpolitische wie symbolische Grenzziehungen und -überschreitungen. Zentraler Ausgangspunkt ist die Annahme, dass Erfahrungen in der Migrationsgesellschaft in einer bedeutsamen Weise von Zugehörigkeitsordnungen strukturiert werden, wobei „Zugehörigkeit“ eine Relation zwischen einem Individuum und einem sozialen Kontext kennzeichnet, in welchem Praktiken und Konzepte der Unterscheidung von „zugehörig“ und „nicht-zugehörig“ konstitutiv sind (vgl. Mecheril 2012b: 26). (*35) Es gilt offenzulegen, dass migrationsgesellschaftliche Zugehörigkeit entlang verschiedener Kategorien wie Ethnizität, Nationalität, Religion etc. und durch die binäre Unterscheidung zwischen Gruppen von (einem als Normalität gesetzten weißen) ‚Wir‘ und (einem häufig abgewerteten ‚anderen‘) ‚Nicht-Wir‘ hergestellt wird. Diese Herrschaftspraxis des insbesondere in den Cultural und Postcolonial Studies theoretisierten ‚Othering‘ (vgl. Said 1978; Spivak 1985; Hall 1997) (*54) (*62) (*18) ist eng mit Repräsentationen verknüpft. Eine Vielzahl von Beschreibungen, Symbolen und Darstellungen gibt über (natio-ethno-kulturelle) Identität und Differenz Auskunft und (re-)produziert diese auch beständig (vgl. Broden/Mecheril 2007: 9). (*10) Die Migrationsgesellschaft ist in allen ihren relevanten Bereichen – von der Kunst über Medien bis zum Alltagsgeschehen, der Wissenschaft oder der Politik – „von einem Kampf um Repräsentationen charakterisiert“, so Paul Mecheril (2014: 110). (*36)
(Ethnisierte) Kultur als wesentlicher und bestimmender Fokus auf Wanderbewegungen, (individuelle) Handlungen, Einstellungen oder Konflikte wird als zu einengend und unangemessen kritisiert, da dadurch nicht nur stereotype Zu- und Festschreibungen von Menschen auf ihre angeblich ‚fremde‘ Kultur reproduziert werden, sondern soziale, politische und strukturelle Ungleichheitsverhältnisse oft als kulturelle Fragen bzw. Unterschiede thematisiert werden. Auch die Kategorie ‚Migrant_in‘ oder ‚Migrationshintergrund‘ wird als eine zu problematisierende Zuschreibung aufgefasst, da sie enorm verkürzend ist und vielfältige, komplexe Facetten von Identität ausblendet. Untersuchungen zeigen andererseits, dass ‚Migrationshintergrund‘ eine wichtige statistische Größe im Zusammenhang mit Benachteiligung bei Bildungsabschlüssen, Zugängen zu oberen Segmenten des Arbeitsmarktes etc. ist, die bei Nichtberücksichtigung spezifische – etwa rassistische – Diskriminierungserfahrungen unsichtbar werden lässt (vgl. Ahyoud et al. 2018; Terkessidis 2017: 45ff.). (*1) (*63) Wichtig ist daher zum einen, sich des reduktionistischen und reproduzierenden Potenzials von Kategorien und Identitätszuschreibungen sowie der „Unmöglichkeit der Anerkennung“ (Mecheril 2012b) (*35) bewusst zu sein. Umfassende Anerkennung ist grundsätzlich unmöglich, denn „[d]er Andere ist nicht anerkennbar, da der Andere nicht erkennbar ist“ (ebd.: 31). Anerkennung setzt voraus, sich (u.a. visuell) in den hegemonialen Diskurs einzuschreiben und dessen diskriminierende Strukturen ein Stück weit zu reproduzieren (vgl. Schaffer 2008). (*56) Mecheril betont die Notwendigkeit einer Reflexion der Unmöglichkeit bzw. die Anerkennung der Nicht-Erkennbarkeit oder Unbestimmtheit des Anderen. Dieses „paradoxe Moment“ müsste immer auch ein Moment allgemeiner Bildung und Reflexion sein (vgl. Mecheril 2012b: 31). (*35)
Wesentlich ist zum anderen auch eine intersektionale Perspektive auf Ungleichheiten, die reflektiert, dass Diskriminierungen nicht isoliert vorkommen, sondern in ihrer Verwobenheit und Gleichzeitigkeit mit anderen Diskriminierungsformen (aufgrund von vermutetem Geschlecht, sexueller Orientierung, Klasse, nationaler oder kultureller Zugehörigkeit etc.) zu analysieren sind. Gender und Queer Studies, die Heteronormativität als diskriminierendes gesellschaftliches Strukturprinzip erforschen, sowie Intersektionalitätsstudien bilden daher zentrale Anknüpfungspunkte kritischer Migrationsforschung, ebenso die Cultural Studies sowie Postcolonial und Critical Whiteness Studies, die die historischen Kontinuitäten weißer Vorherrschaft in (welt-)politischen, sozialen und Wissenszusammenhängen untersuchen.
Das Konzept der ‚Migrationsgesellschaft‘ betont auch die politische oder historische Dimension von hergestellter (Nicht-)Zugehörigkeit, Anerkennung und Repräsentation mit ihren nicht voneinander zu trennenden Bedeutungen (politische) Vertretung und (symbolische) Darstellung. So werden etwa die diskursiven und kulturellen Konsequenzen der auf Abwehr abzielenden Politik des 20. Jahrhunderts als Bestandteil heute noch bedeutsamer kultureller Praktiken der Konstruktion und Behandlung von „‚Ausländer/innen‘, ‚Migrant/innen‘, ‚Menschen mit Migrationshintergrund‘ als Fremde und ‚eigentlich nicht Zugehörige‘“ (Mecheril 2016a: 10) (*37) erachtet. Migration, verstanden als Phänomen der Beunruhigung (vgl. Mecheril 2016b), (*38) stellt das politische ‚Wir‘ zur Diskussion, und zwar in Hinblick auf die Frage, wen dieses ‚Wir‘ politisch repräsentiert, wer sich als politisches Subjekt artikulieren kann und wer nicht. Auch die Routinen öffentlicher Institutionen – etwa bezüglich ihrer Sprache – werden durch Migration herausgefordert, und nicht zuletzt wird die Legitimität individueller Privilegien in Frage gestellt.
Was lässt sich daraus nun in Bezug auf eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kulturbetrieb in der ‚Migrationsgesellschaft‘ ableiten?
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Der Begriff weiß, klein und kursiv geschrieben, ist – wie er im vorliegenden Text verwendet wird – ein von Schwarzen Theoretiker_innen entwickelter analytischer Begriff, um strukturell verankerte weiße Dominanz- und Machtverhältnisse und damit verbundene Privilegien und Rassismen zu bezeichnen (vgl. Kuria 2015).
Mark Terkessidis (2017) spricht allgemein in Bezug auf Institutionen und Einrichtungen in der „Einwanderungsgesellschaft“ von „Vielheitsplänen“ (ebd.: 42ff.), die in unserer Gesellschaft der Vielheit zu entwickeln seien, um einen Perspektivenwechsel und eine Neujustierung der Organisationen zu bewerkstelligen. Migration sieht er dabei als „eine Art Passepartout“ (ebd.: 9), um zahlreiche grundsätzliche Aspekte des Wandels zu diskutieren.
Der Begriff der Transformation taucht seit einigen Jahren verstärkt im Zusammenhang mit Kunst und Kultur auf und wird aus unterschiedlichen Perspektiven im Kontext von demografischem Wandel, Digitalisierung etc. thematisiert, unter anderem in Bezug auf Kulturmangement und -politik (vgl. Knoblich 2018; Kolland 2016; Sievers/Föhl/Knoblich 2016; Föhl/Wolfram/Peper 2016; Föhl/Sievers 2015), Museologie (vgl. CARMAH 2018), kritische Kunstvermittlung (vgl. Mörsch 2009; Settele/Mörsch 2012) oder im Zusammenhang mit Neoliberalismus, Kulturindustrie und künstlerischer Kritik (vgl. Raunig/Wuggenig 2016 [2007]).
Auf die Problematik dieses Begriffs gehe ich an späterer Stelle ein. Im vorliegenden Text wird bewusst auf eine Unterscheidung zwischen Migrant_innen und Geflüchteten verzichtet, da diese Kategorien einen Diskurs der Unterscheidung zwischen berechtigter und nicht berechtigter Migration, notwendiger Flucht (von ‚Kriegsflüchtlingen‘) und weniger zwingender Flucht (von ‚Wirtschaftsflüchtlingen‘) stützen.
Kritikpunkte dieser Art formulierte beispielsweise auch das Bündnis kritischer Kulturpraktiker*innen bezüglich der Tagung Mind the Gap! – Zugangsbarrieren zu kulturellen Angeboten und Konzeptionen niedrigschwelliger Kulturvermittlung (9.-10. Januar 2014, Deutsches Theater Berlin), wo es mit der Aktion Mind the Trap! intervenierte. Kein_e einzige_r selbst von Ausschlüssen betroffene_r Wissenschaftler_in, Kulturpraktiker_in oder Expert_in sei zur Tagung eingeladen gewesen, um sich mit Ausschlüssen und Marginalisierungen aus eben dieser Perspektive kritisch auseinanderzusetzen. „Letztlich ging es, zugespitzt formuliert, um die Vergewisserung der eigenen Position, die so lange gegeben ist, wie die eigenen Parameter nicht infrage gestellt werden.“ (Sharifi/Sharifi 2014: o.S.)
Erklärtes Ziel dieser – u.a. aus aktivistischen und anderen Initiativen verschiedener Akteur_innen des Berliner Kulturbetriebs hervorgegangenen – Einrichtung ist das Initiieren eines diversitätsorientieren Strukturwandels. Die Arbeit umfasst die Beratung von Kulturinstitutionen, Qualifizierungsangebote für Kulturschaffende, die Stärkung unterrepräsentierter Künstler_innen und Kulturschaffender durch Empowermentstrategien, die Unterstützung der Kulturverwaltung in ihrer diversitätsorientierten Ausrichtung sowie die Erhebung von Gleichstellungsdaten für den Berliner Kulturbetrieb (vgl. Website Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung Diversity Arts Culture).
Ein weiterer von maiz benannter Grundsatz ist, Entscheidungen bezüglich Kooperationen auf Basis bestimmter Kriterien zu treffen, etwa der Bereitschaft und dem Interesse der Künstler_innen an einem „dialogischen Prozess, der sich außerhalb der Logik der Opferrolle und einer eurozentristischen Perspektive entfalten soll“ (Salgado 2015 [2004]: 42). Auch Einklang in Bezug auf die Zielsetzung des Projektes muss vorhanden sein, wobei maiz ein explizit gesellschaftskritisches Interesse und die Vermittlung gegenhegemonialer Positionen formuliert. Sämtliche Phasen und Ebenen von Projekten sollen zudem von kritischer Reflexion (in Bezug auf Rassismen und Sexismen innerhalb des Projekts) durchzogen sein.
Nach Fertigstellung meines Textes und kurz vor Drucklegung bin ich auf ein Gespräch von Lena Prabha Nising und Carmen Mörsch aufmerksam geworden, in dem ähnliche Überlegungen wie in meinem Text angestellt werden. Sie plädieren dafür, wie der Titel ihres Beitrags verdeutlicht, „[s]tatt ‚Transkulturalität‘ und ‚Diversität‘: Diskriminierungskritik und Bekämpfung von strukturellem Rassismus“ zu fokussieren (in: Blumenreich, Ulrike/Dengel, Sabine/Hippe, Wolfgang/Sievers, Norbert (Hg.) (2018): Welt.Kultur.Politik. Kulturpolitik in Zeiten der Globalisierung. Jahrbuch für Kulturpolitik 2017/18, Band 16. Bielefeld: transcript, S. 139-149).
Aikins und Gyamerah (2016: 14) betonen jedoch die Relevanz der Säule ‚Z‘ für Zugang primär in Bezug auf zwei Akteure: die Kulturverwaltung (die u.a. durch eine spezifische Zielgruppenansprache den Zugang zu Förderinstrumenten sicherstellen sollte) und Kulturinstitutionen (die u.a. durch bezahlte Praktika für die Zielgruppe den Zugang in das professionelle Kulturgeschäft ermöglichen sollten).
Dies zeigte sich etwa bei dem Projekt Türkisch – Oper kann das an der Komischen Oper in Berlin. Erstaunt darüber, dass im Kinderchor keine Kinder türkischer Herkunft waren, lancierte Intendant Mustafa Akca einen Aufruf im größten Sender türkischer Sprache in Berlin, worauf sich rund 200 Familien meldeten (vgl. Terkessidis 2017: 50).
Anita Moser ( 2020): Kulturarbeit in der ‚Migrationsgesellschaft‘. Ungleichheiten im Kulturbetrieb und Ansatzpunkte für eine kritische Neuausrichtung[fussnote]1[/fussnote]. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 11 , https://www.p-art-icipate.net/kulturarbeit-in-der-migrationsgesellschaft/